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Wirtschaft: Gutes tun und Steuern sparen

Wer spendet, hilft seinen Mitbürgern und mildert zugleich seine Steuerlast – auch noch für dieses Jahr

Die SOS-Kinderdörfer, Amnesty International und die Vier Pfoten: Jeden Tag steckt ein anderes Spendengesuch in unseren Briefkästen – vermutlich hat es sich herumgesprochen, dass den Deutschen das Geld dieses Jahr so locker sitzt wie schon lange nicht mehr, zumindest was karitative Zwecke angeht. Es scheint, als hätte die Flutkatastrophe im Sommer bereits ausgetrocknete Mitleidsschleusen geöffnet. 300 Millionen Euro haben die Bundesbürger für die Flutopfer gespendet, fast jeder zweite hat 2002 wohltätige Organisationen unterstützt.

Die Hilfsbereitschaft zahlt sich auch steuerlich aus. Wer spendet, kann innerhalb bestimmter Grenzen seine Spende von der Steuer absetzen und damit seine Einkommensteuerbelastung drücken (siehe dazu nebenstehenden Artikel). Das geht auch noch für dieses Jahr, allerdings müssen sich die Spender jetzt beeilen. Wer im Jahr 2002 gut verdient hat und daher noch gern auf den letzten Drücker mit Hilfe mildtätiger Gaben seine Steuerschuld mildern möchte, braucht eine Spendenbescheinigung für das Jahr 2002. Die bekommt man in jedem Fall dann, wenn das gespendete Geld noch in diesem Jahr beim Empfänger eintrifft. Einige Organisationen sind noch konzilianter: „Für uns zählt das Datum der Überweisung“, heißt es bei Greenpeace. Wer in diesem Jahr den Gang zur Bank oder die Online-Überweisung nicht mehr schafft, bekommt seine Spendenquittung für das Jahr 2003.

Viele Bundesbürger haben den Gang zur Bank bereits hinter sich. Der Emnid-Spenden-Monitor, der seit 1995 jährlich 4000 Haushalte befragt, hat errechnet, dass dieses Jahr 47 Prozent der Bundesbürger ihren Geldbeutel geöffnet haben, im vergangenen Jahr waren es 40 Prozent. Die Befürchtung vieler Organisationen, dass die Katastrophenhilfe nach der Flut in Sachsen alles private Geld aufgesogen hat, ist nicht eingetreten. Es wurde gespendet wie immer, nur noch mehr. Bernhard Wilke, der Leiter des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI), rechnet damit, dass die Bundesbürger dieses Jahr 2,4 Milliarden Euro für soziale Zwecke ausgeben. In den vergangenen Jahren waren es 2,2 Milliarden. Insgesamt schätzt man die Summe des gespendeten Geldes in Deutschland auf sechs bis 7,5 Milliarden Euro.

Die Elbe-Flut hat in diesem Jahr auch zu einer Flut von Sachspenden geführt. Doch nicht jede Gabe hat das Herz des Empfängers erfreut. Viele Westdeutsche hätten leider auch ihren Sperrmüll in den Osten geschickt, kritisiert Bernd Beder, Chef des Deutschen Spendenrates: kaputte Kühlschränke und Waschmaschinen, Stereoanlagen und Sofas.

Viele geben spontan

Noch etwas anderes hat die Flut bewirkt: Sie hat zum größten Teil spontane Spender mobilisiert, diejenigen, die nicht regelmäßig sonntags ihren Euro in den Klingelbeutel werfen oder einen Dauerauftrag für die Caritas haben. Gerade junge Leute würden sich spontan entscheiden, wem sie ihr Geld geben und häufig gezielt einzelne Projekte unterstützen, sagt Wilke. Das aber ist eine Erfahrung, die die Organisationen nicht sonderlich freut. Dadurch werde langfristige Hilfe etwa in Dörfern in Afrika immer schwieriger, weil man finanziell nicht weit in die Zukunft planen könne. Außerdem verlange die projektbezogene Spende einen viel größeren Verwaltungsaufwand: Man müsse darauf achten, dass der Spendentopf nicht überlaufe und bei den Spendern nachfragen, ob man die Gelder auch für ein anderes Projekt verwenden dürfe.

Spender haben die Qual der Wahl. Denn rund 12 000 wohltätige Organisationen bitten um die Unterstützung der Bürger. Wie kann man sich in diesem Spenden-Dschungel zurecht finden? Zwei Einrichtungen bieten Orientierungshilfe: das DZI in Berlin und der Deutsche Spendenrat in Bonn. Über 800 Anfragen gehen jeden Tag beim DZI ein. Privatpersonen und Unternehmen, Behörden und Medien wollen wissen, welche der Vereine, Verbände und gemeinnützigen Gesellschaften, die um Spenden bitten, seriös sind. Das Institut hat 2150 Hilfswerke durchleuchtet und sich bundesweit den Ruf eines „Spenden-Tüv“ erworben; an 150 hat es das „Spenden-Siegel“ verliehen. Wer die Auszeichnung haben will, muss sachlich für seine Belange werben, die Spenden für den gemeinnützigen Zweck verwenden und seine Bücher offen legen. Außerdem sollte die Organisation ihren Mitarbeitern keine Provision für das Eintreiben der Spenden zahlen. Das „Spenden-Siegel“ wird nur für ein Jahr verliehen, so dass die Prüfung jährlich neu beantragt werden muss.

Der Deutsche Spendenrat hat sich 1993 als Pendant zum DZI gegründet, da das DZI ausschließlich Organisationen im sozialen Bereich durchleuchtet. Die 53 Mitglieder des Spendenrats sind dagegen vor allem im Umwelt- und Tierschutz tätig. Allerdings vergibt der Spendenrat kein Siegel. Der Spendenrat selbst ist sozusagen das Gütesiegel. Denn wer hier aufgenommen werden will, muss seine Gemeinnützigkeit nachweisen und eine in Deutschland ansässige juristische Person sein. Sind die Kriterien erfüllt, verschafft sich der Geschäftsführer des Spendenrats, Bernd Beder, selbst einen Eindruck, dann stimmt der Vorstand ab. Wer eine Beschwerde hat, kann sich an den Spendenrat wenden. Handelt es sich bei der betroffenen Einrichtung um eines der Ratsmitglieder, befindet der hausinterne Schiedsausschuss darüber, ob der betroffene Verein Schadenersatz zahlen muss.

Grundsätzlich raten das DZI und der Spendenrat dazu, sich über die Einrichtung zu informieren, bevor man spendet. Man soll sich eine Bestätigung des Finanzamts über die Gemeinnützigkeit zeigen und Geschäftsberichte schicken lassen oder im Internet einsehen. Und in keinem Fall ziehe das bei vielen Spendenwerbern beliebte Argument, man sei doch so bekannt und tue so viel Gutes, da brauche man keinen Geschäftsbericht. „Wenn man seinen Euro in eine hingehaltene Büchse steckt, ist er erstmal weg“, sagt Beder, „seriöse Organisationen wollen Ihr Geld auch noch in drei Wochen.“

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