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Notlösung für faule Männer? Denkste: Für viele ist heute der Gutschein das ideale Geschenk.

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Gutscheine boomen: Freie Auswahl - das ideale Geschenk?

Was ihr wollt: In Deutschland werden dieses Weihnachten so viele Gutscheine verschenkt wie noch nie. Sie bewahren vor Stress und Enttäuschung. Wie sie den Handel und das Fest verändern.

Von Maris Hubschmid

Sie sind sich nicht sicher, ob Ihr 16-jähriger Enkel immer noch Star-Wars-Karten sammelt? Oder für die neue Schwiegertochter das Kissen mit dem Katzenmotiv wirklich das richtige ist? Andere haben diese Sorgen nicht mehr – die Deutschen wollen in diesem Jahr so viele Gutscheine verschenken wie noch nie. Geschenkkarten im Wert von insgesamt zwei Milliarden Euro erwartet der deutsche Handelsverband (HDE) unter hiesigen Weihnachtsbäumen, insbesondere bei jungen Menschen unter 34 Jahren sind sie laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ein beliebtes Geschenk. Achtung also vor Innenstadtausflügen zwischen den Tagen – nach dem Fest ist vor dem Shopping.

„Gutscheine werden in diesem Jahr voraussichtlich einen Umsatzanteil von drei Prozent am Weihnachtsgeschäft ausmachen“, sagt Stefan Hertel vom Verband des Einzelhandels. Die größte Rolle spielten Gutscheine in den Bereichen Elektronik und Bekleidung. „Der Gutschein ist einer unserer stärksten Artikel“, sagt aber auch Michael Rotermund von der Parfümeriekette Douglas. Gutscheine für Dienstleistungen wie Kosmetikbehandlungen oder Restaurantbesuche machen ebenfalls allein 400 Millionen Euro aus. Sechs Prozent aller Unternehmen rechnen sogar damit, zehn oder mehr Prozent ihres Dezember-Umsatzes über Gutscheine zu erzielen. „Wir haben zwei weihnachtliche und 13 weitere Motive zur Auswahl“, sagt Rotermund. Der vermeintlich unoriginelle Gutschein gewinnt so an Individualität – das macht es dem Schenkenden leichter.

Um die Selbstbestimmung für den Empfänger noch zu steigern, führt die Parfümerie seit 2011 auch Gutscheine, die außer in eigenen Filialen auch in den zum Konzern gehörenden Läden des Buchhändlers Thalia und der Juwelierkette Christ einlösbar sind. Überhaupt nimmt das Angebot an sogenannten Universal-Gutscheinen zu. Einkaufscenter stellen Gutscheine auf sämtliche Geschäfte aus, die baden-württembergische Stadt Weil der Stadt hat eine Münze geprägt, die im gesamten Ort als Tauschwährung akzeptiert wird.

Der Großteil der Händler hat auf aufladbare Plastikkarten umgestellt

Um vom Trend zu profitieren, bieten Supermärkte wie die Unternehmensgruppe Kaiser’s-Tengelmann neben eigenen Gutscheinen seit einiger Zeit auch Karten anderer Händler an. „Wir versuchen, möglichst alle Bereiche abzudecken“, sagt Jutta Tappe von der Tengelmann Warenhandelsgesellschaft. Derzeit bietet die um die 30 Gutscheine an, darunter Ikea, H&M und iTunes. Über Vermittlungsprovisionen wird geschwiegen.

Der Großteil der Händler hat auf aufladbare Plastikkarten umgestellt, auf die ein beliebiger Betrag gutgeschrieben werden kann. Das Kärtchen wird dann wie eine Scheckkarte an der Kasse eingesetzt. Wird nicht der volle Betrag verbraucht, bleibt der Rest auf der Karte und kann später ausgegeben werden. Ein Recht auf Barauszahlung gibt es nicht.

Leicht verdientes Geld für den Handel

Aufgepasst: Nicht immer sind Gutscheine, die in Berlin gekauft wurden, auch in Köln einlösbar, warnen Verbraucherschützer. Insbesondere, wenn es sich um Franchise-Unternehmen handelt, haben die Karten oft nur regionale Gültigkeit, so etwa bei der Modekette United Colours of Benetton.

Häufig lässt sich online der Wert der Gutscheinkarte abfragen. Und sofern es einen Online-Shop gibt, gelten Gutscheine grundsätzlich auch dafür. Umgekehrt sind Online-Gutscheine oft nicht im stationären Handel einsetzbar. Das Online-Shopping und digitale Medien verstärkten aber den Trend zum Gutschein, heißt es beim Hightec-Verband Bitkom. Bereits mehr als jeder fünfte Bundesbürger (22 Prozent) will dieses Weihnachten Gutscheine für Online-Shops verschenken, fast doppelt so viele wie letztes Jahr.

Der durchschnittliche Gutscheinwert ist auch gestiegen: 2013 beträgt er laut GfK 96 Euro. Leicht verdientes Geld für den Handel, sagt Konsumforscher Wolfgang Adlwarth von der GfK, „der auch weniger Umtauschaufwand hat“. Leicht verdient vor allem, wenn der Besitzer den Gutschein verlegt und nie einlöst. Diese Zahlen erhebt angeblich niemand. Adlwarth vermutet aus eigener Erfahrung: „Die Dunkelziffer ist hoch.“

Aktuelle Information in eigener Sache: mit klickstern.de hat der Tagesspiegel eine neue Plattform für lokale Deals und Gutscheine in Berlin entwickelt.

Das sollte man beachten

Sofern nicht anders vermerkt, gelten Gutscheine drei Jahre ab Ablauf des Jahres, in dem der Gutschein gekauft wurde. Gutscheine, die dieses Weihnachten verschenkt werden, sind also bis zum 31. Dezember 2016 einlösbar. Es sei denn, der Gutschein ist erkennbar kürzer oder länger befristet. „Grundsätzlich gibt es keine Vorgaben, wie das zu gestalten ist“, sagt Bernd Ruschinzik von der Verbraucherzentrale Berlin. „Der Gutschein läuft als Inhaber-Papier, nicht als Vertrag.“ Laufzeiten von weniger als einem Jahr wurden gerichtlich aber als unangemessen eingestuft. Sonderfälle sind Gutscheine für Ereignisse wie den Besuch eines bestimmten Theaterstücks: Wird das nicht mehr gespielt, gibt es keinen Anspruch auf Ersatz. Der Kunde kann dann allenfalls auf die Kulanz des Verkäufers hoffen. Anders als bei anderen Käufen haben Verbraucher bei Gutscheinen auch kein Rückgaberecht. Findet man im Laden nichts, bleibt nur, den Gutschein weiterzuverschenken oder zu verkaufen. Ein Gutschein ist nicht an eine Person gebunden. „Wie bei Bargeld gilt: Wer ihn findet, kann ihn ausgeben“, sagt Ruschinzik. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch. Für einen verlorenen Gutschein gibt es keinen Ersatz. Und wenn ein Händler insolvent geht, geht meist auch der Beschenkte leer aus.

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