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Wirtschaft: "Hände weg von einer Flughafensteuer"

Carl Michel ist seit 1.April 1997 Geschäftsführer der Deutschen BA in München.

Carl Michel ist seit 1.April 1997 Geschäftsführer der Deutschen BA in München.Bevor er 1995 zu British Airways kam, arbeitete der Harvard-Ökonom für die Unternehmensberatung McKinsey & Co.Michel hat maßgeblich die Positionierung der BA auf dem deutschen Markt begleitet.Die deutsche BA wurde 1992 gegründet.Mit Michel (Foto: Hampel) sprach Martina Ohm.

TAGESSPIEGEL: Herr Michel, welche Bedeutung hat der Standort Berlin für die Deutsche BA?

MICHEL: Für uns ist Berlin mit 1,4 Millionen Passagieren die wichtigste Drehscheibe.Dabei liegt unsere Auslastung mit durchschnittlich 55 Prozent allerdings noch unter dem Niveau, das Gewinne gewährleistet.Dazu brauchen wir 58 bis 60 Prozent.

TAGESSPIEGEL: Welchen Stellenwert räumen Sie Berlin im deutschen Markt ein?

MICHEL: Im innerdeutschen Flugverkehr kann die Position Berlins als recht gut bezeichnet werden, obwohl die Verkehrsanbindung noch mangelhaft ist.Mit dem Regierungswechsel dürfte auch die Stellung im internationalen Verkehr aufgewertet werden.Im interkontinentalen Verkehr hat Berlin, nachdem sich auch Delta verabschiedet hat, derzeit de facto keine Bedeutung.Grundsätzlich spielt natürlich eine Rolle, daß auch das wirtschaftliche Umfeld noch nicht stimmt.Standorte wie Hamburg oder auch Köln mit einer deutlich besseren Einkommenssituation haben es da leichter.

TAGESSPIEGEL: Welche Entwicklungschancen sehen Sie für Berlin?

MICHEL: Wir sind uns bewußt, daß wir vorübergehend Einbußen erleben werden.Zum Teil übernimmt die Bahn Kurzstrecken, etwa zwischen Berlin und Hamburg, aber auch die Rennstrecke Berlin-Köln/Bonn dürfte nach dem Regierungsumzug wohl etwas verlieren.Und auch andere Regionen schlafen ja nicht.Nehmen sie Leipzig und Dresden mit ihren Flughäfen.Alles in allem wird Berlin noch auf den richtigen Aufschwung warten müssen.Ich bin aber davon überzeugt, daß mit der EU-Erweiterung in fünf oder zehn Jahren sich ganz andere Perspektiven eröffnen.Berlin erhält dann ein größeres Einzugsgebiet.

TAGESSPIEGEL: ...und verfügt über einen neuen Großflughafen.Könnten Sie sich vorstellen, daß die Deutsche BA oder British Airways hier ähnliche Aktivitäten entwickeln wie die Lufthansa jetzt in München?

MICHEL: Sie meinen, daß wir eventuell in Schönefeld einen eigenen Terminal errichten? Man wird sehen.British Airways hat das gerade in Manchester getan.Warum sollten wir nicht mit unseren Partnern Lot, Finnair, American Airways, Canadian Airlines und womöglich Iberia ein solches Vorhaben auch in Berlin realisieren?

TAGESSPIEGEL: Sind Sie möglicherweise mit einem der beiden übriggebliebenen Konsortien, die sich für den Großflughafen in Schönefeld interessieren, diesbezüglich bereits im Gespräch?

MICHEL: Bisher nicht.

TAGESSPIEGEL: Was halten Sie von der Idee, eine Flughafengebühr einzuführen?

MICHEL: Davor kann ich nur warnen.Schauen Sie nach Athen.Hier hat man sich dafür entschieden.Und was ist passiert? Die Leute fliegen von Istanbul aus.Wir haben schon hohe Gebühren, Passagiergebühren.Jetzt noch eine Flughafensteuer draufzusatteln, wäre alles andere als sinnvoll.

Das Gegenteil wäre nötig.Alle bauen doch inzwischen aus.Nehmen Sie Köln, München oder Paris.Eine Flughafensteuer wäre ein klarer Wettberbsnachteil.Außerdem kann ich den Entscheidungsträgern nur empfehlen, den neuen Großflughafen auch richtig zu planen.Berlin muß eine echte Drehscheibe werden.

TAGESSPIEGEL: Wann wird ein neuer Großflughafen Gewinn abwerfen?

MICHEL: Ich rechne mit einer Anlaufzeit von fünf bis zehn Jahren.

TAGESSPIEGEL: Welchen Marktanteil darf Berlin erwarten?

MICHEL: Heute erreicht Berlin mit seinen drei Flughäfen etwa zehn Prozent bei bundesweit 120 Millionen Passagieren.In einem wachsenden Markt ist mit einem Anteil von zwischen zehn und 15 Prozent zu rechnen.

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