zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Handel klagt über Querschüsse aus Brüssel

Textilimporteure beschweren sich über Behinderungen / Streit über weiteren Abbau von Handelshemmnissen BONN (wei).Die Einfuhr preiswerter Jeans und Blusen durch den deutschen Einzelhandel wird auch im Zeitalter der Globalisierung nach Kräften behindert.

Textilimporteure beschweren sich über Behinderungen / Streit über weiteren Abbau von Handelshemmnissen BONN (wei).Die Einfuhr preiswerter Jeans und Blusen durch den deutschen Einzelhandel wird auch im Zeitalter der Globalisierung nach Kräften behindert.Darauf hat die Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels (AVE) am Donnerstag hingewiesen.Die europäische Textilindustrie, sagte AVE-Präsident Gerd C.Kade, könne sich trotz der vor drei Jahren beschlossenen Liberalisierung des Textilmarktes auf die Kommission in Brüssel verlassen, wenn es darum gehe, Importe zu behindern. Die Beschwerdeliste der Textilimporteure ist lang.Besonders erzürnt sie, daß die EU-Kommission Zölle in manchen Fällen nacherhebt.Dabei handelt es sich um Einfuhren aus besonders armen Ländern wie Bangladesh oder Kambodscha, die grundsätzlich zollfrei in die EU eingeführt werden können.Bei Kontrollen hatte die Kommission allerdings festgestellt, daß die eingeführten Mengen in den betreffenden Ländern gar nicht hergestellt werden konnten.Das Nacherheben von Zöllen verletzt nach Ansicht der Textilimporteure aber ihren Vertrauensschutz.Der beabsichtigte handelspolitische Zweck könne zudem im Nachhinein nicht mehr erreicht werden. Der Verband fürchtet, daß die Nacherhebungen zunehmen, wenn die EU Zollpräferenzen auch für Waren gewähren will, die ohne Kinderarbeit hergestellt werden.Die vorgesehenen Kontrollen seien so kompliziert, daß weder die Hersteller noch die Importeure davon etwas hätten.Auch mit der Möglichkeit, sogenannte Anti-Dumping-Zölle zu verhängen, sagte Kade, gehe die Kommission ziemlich unbekümmert um - zum Schaden der Verbraucher, die dadurch höhere Preise zahlen müßten.In vielen Fällen warte man in Brüssel nicht erst, bis sich ein geschädigter, europäischer Hersteller beschwert.In vorauseilendem Gehorsam gegenüber der einheimischen Industrie würden Zölle auch für solche Waren verhängt, deren Einfuhr bereits einer anderen Beschränkung unterliege, beispielsweise einem Importkontingent. Trotz der Querschüsse aus Brüssel haben die deutschen Einzelhändler im ersten Halbjahr 9,3 Prozent mehr Textilien eingeführt als ein Jahr zuvor.Im nächsten Jahr werden zusätzlich Impulse durch die vollständige Öffnung des EU-Marktes für Textilien aus Osteuropa erwartet.Eiliger als die Industrie hat es der AVE mit einer weiteren Marktöffnung im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO.Von der neuen Verhandlungsrunde, die im Jahr 2000 beginnen soll, erhoffen sich die Importeure eine schnellere Zollsenkung und eine zügigere Beseitigung der Kontingente als in der Uruguay-Runde vereinbart. Dagegen hat sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) jetzt mit dem französischen Industrieverband CNPF auf eine zurückhaltendere Position verständigt.Eine weitere Marktöffnung sollte nur vereinbart werden, wenn die bislang eingegangenen Verpflichtungen verwirklicht worden sind.Die neu geschaffene WTO müsse sich erst "konsolidieren" heißt es in dem gemeinsamen Papier.Vorrang in der EU-Handelspolitik müßten die "laufende Liberalisierung der Dienstleistungen und der Schutz geistigen Eigentums" haben.Zur Durchsetzung empfehlen die beiden Spitzenverbände die bewährten handelspolitischen Instrumente wie etwa Anti-Dumping-Maßnahmen. Einig sind sich BDI und CNPF in der Forderung, China so bald wie möglich und Rußland in nicht allzuferner Zukunft in die WTO aufzunehmen.Peking sollten aber nicht mehr als 5 Jahre eingeräumt werden, um die daraus erwachsenden Verpflichtungen zu erfüllen.Vor allem müßten die Chinesen ihre staatlichen Monopole und die Planvorgaben für Ein- und Ausfuhr abschaffen.Die deutsche und die französische Industrie sprechen sich für eine neue Verhandlungsrunde in der WTO aus.Ihrer Meinung nach sollte sie sich vorzugsweise um ein internationales Abkommen zum Schutz ausländischer Investitionen kümmern.Vorschläge dazu soll demnächst die OECD vorlegen, in der die Industrieländer zusammenarbeiten.Die Entwicklungsländer stehen diesem Wunsch äußerst skeptisch gegenüber.Sie vermuten darin einen Freibrief für Multis und fürchten, die Kontrolle über ihre eigene Wirtschaft vollends zu verlieren.Auch in Brüssel hat man erkannt, daß die Globalisierung nicht nur mehr Wettbewerb, sondern auch neue Gefahren für den Wettbewerb heraufbeschwört.Ein Szenario, über das nachgedacht wird, sind internationale Kartelle nach dem Vorbild der Opec, gegen die rechtlich kein Kraut gewachsen wäre.Deshalb soll in der "Welthandelsrunde 2000" auch darüber verhandelt werden, wie der Wettbewerb über die nationalen Grenzen hinweg gesichert werden kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false