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Wirtschaft: Handel stellt auf Mehrweg um

Im Dosenpfand-Streit besteht Trittin auf Einführung am 1. Januar/Wirtschaft will mehr Zeit für Rücknahmesystem

Berlin (msh). Wenige Wochen vor dem Jahreswechsel ist zwischen der Wirtschaft und dem Bundesumweltministerium ein Streit entbrannt, wie das Dosenpfand eingeführt werden soll. Der Handel will ein Rücknahmesystem mit Pfandmarken aufbauen, das erst zum 1. Juli startet. Umweltminister Jürgen Trittin besteht auf dem Start zum 1. Januar, wie es die Verpackungsverordnung vorsieht. Unterdessen bereiten sich die Hersteller auf die Neuregelung vor. Viele Händler haben bereits von Einweg auf Mehrweg umgestellt.

Große Teile des Handels und der Industrie hatten bis zuletzt die Einführung des Dosenpfands kategorisch abgelehnt und mit einem Boykott gedroht. Die Wirtschaft hält den Aufbau eines Rücknahmesystems für zu teuer und ökologisch fragwürdig. Nachdem sie mit dem Versuch gescheitert war, das Dosenpfand juristisch zu verhindern, akzeptierte sie schließlich das Dosenpfand. Bei einem Gespräch mit Umweltminister Trittin forderte sie aber mehr Zeit für den Aufbau eines Rücknahmesystems.

Der Vorschlag des Handels sieht die Einführung eines Rücknahmesystems zum 1. Juli 2003 vor, das neben Rücknahmeautomaten auch die Nutzung von Pfandmarken („Token“) vorsieht. Jeder Kunde erhält beim Kauf einer Dose oder Einwegflasche eine Pfandmarke, die er aufbewahren muss. Den Token gibt der Kunde dann zusammen mit der Einwegverpackung zurück und erhält dann sein Pfand zurück. Das Umweltministerium besteht weiter auf der Einführung des Dosenpfandes zum 1. Januar.

Ein Treffen zwischen Vertretern der Verbände, der Länder und des Umweltministeriums brachte am Donnerstag noch kein Ergebnis. Das Pfandmünzensystem habe noch „einige Schwachpunkte“, teilte das Umweltminsiterium nach dem Gespräch mit. Das Konzept beziehe die Abfüller und die Großhändler nicht in das Pfandsystem ein, wie es die Verpackungsverordnung vorschreibt. Offen sei auch, wie sicher das System gegen Missbrauch und Betrug sei. Umweltmister Trittin wolle diese Punkte in den kommenden Tagen prüfen. Nach Angaben des HDE wird es dann ein neues Gespräch geben. Das Treffen fand statt, obwohl am Mittwoch bekannt geworden war, dass einige Unternehmen das Pfand entgegen der Aussage ihrer Verbände doch noch mit einem Eilantrag juristisch verhindern wollen. Umweltminister Trittin hatte weiteren Spitzentreffen mit Pfandgegnern daraufhin eine Absage erteilt.

Besteht Trittin auf der Einführung des Pfandes zum 1. Januar, drohen den Händlern, die keine Dosen zurücknehmen, Bußgelder bis zu 250 000 Euro. Für die Durchsetzung der Strafen sind die Bundesländer zuständig. Einige Länder wollen dem Handel aber entgegenkommen. Mehrere LandesUmweltminister kündigten an, Übergangslösungen bei der Einführung zu tolerieren. Das Land Berlin erklärte dagegen, das Dosenpfand müsse pünktlich zum 1. Januar eingeführt werden. „Wir werden darauf bestehen, dass die gesetzlichen Vorgaben vom ersten Tag an umgesetzt werden“, sagte der zuständige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) am Donnerstag. Andernfalls könnten Bußgelder erhoben werden. Ähnlich äußerte sich die Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen, Bärbel Höhn (Grüne).

Derweil bekommen die Getränkehersteller die Folgen des Dosenpfandes zu spüren. Einige Hersteller hätten für ihre Einweg-Abfüllbetrtiebe bereits Kurzarbeit beantragt, heißt es aus Kreisen der Getränkeindustrie. Im Gegenzug könne aber die Mehrwegproduktion profitieren. „Viele Händler stellen bereits auf Mehrweg um“, sagt Geert Harzmann, Sprecher von Coca Cola in Berlin. „Geht das so weiter, müssen wir unsere Kapazitäten für Einwegverpackungen runterfahren.“ Noch habe die Nachfrage aber „noch nicht komplett gedreht“. Auch der Brauereikonzern Holsten stellt sich auf die Veränderung des Marktes ein. „Es gibt eine spürbare Verlagerung zum Mehrweg“, sagt Holsten-Sprecher Udo Franke.

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