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Wirtschaft: Handel verteidigt kleine Cent-Münzen

Marktforscher: Abschaffung wäre ein Fehler / Bundesbank rudert zurück

Frankfurt am Main/Berlin - Ein- und Zwei-Cent-Münzen werden auf absehbare Zeit nicht abgeschafft. Die Bundesbank dementierte am Dienstag, dass sie dafür plädiere. Damit widersprach sie Äußerungen ihres Zentralbereichsleiters Bargeld, Wolfgang Söffner. Auch die Bundesregierung erklärte, keinen Grund für die Abschaffung der Münzen zu sehen. Es gebe ebenfalls keinen Bedarf für ein Preisrundungsgesetz. Doch die Debatte darüber, die in einer Reihe weiterer Euroländer seit längerem geführt wird, ist damit auch nach Deutschland geschwappt.

In den Niederlanden gilt ab 1. September eine Rundungsregel, so dass Ein- und Zwei-Cent-Münzen in den Kassen überflüssig werden. Angeblich könne der Handel dadurch 30 Millionen Euro jährlich einsparen. Allerdings: Die Rundungsregel galt in den Niederlanden schon vor der Euro-Einführung, weil es Ein- und Zwei-Cent Münzen in Gulden-Zeiten nicht gab. Auch in Belgien wird über die Verwendung der kleinsten Euro-Münzen diskutiert, in Finnland gilt bereits seit zwei Jahren ein Rundungsgesetz.

„Das generelle Ab- und Aufrunden oder die Abschaffung der Ein-Cent-Münzen wäre ein großer Fehler“, sagte Wolfgang Twardawa, Marketingleiter des Marktforschungsinstituts GfK, dem Tagesspiegel. Und Wolfgang Schmuck, Sprecher der Rewe-Handelsgruppe sagte: „Es geht bei den Preisen wirklich um den Cent.“ Außerdem habe man gerade erst bei der Umstellung von D-Mark auf den Euro eine Diskussion über das Auf- und Abrunden von Preisen gehabt, die das Vertrauen der Verbraucher belastet habe, sagte Schmuck. „Der Kunde hat einfach das Gefühl, dass mehr auf- als abgerundet wird.“

Ähnlich sieht das Marktforscher Twardawa: „Wir hatten in der D-Mark-Zeit Preisschwellen wie 0,49, 0,99 oder 1,99 Mark. Die gibt es jetzt auch beim Euro.“ Hier sei der Cent entscheidend. Das werde sich nicht ändern. „Schwellenpreise signalisieren: Hier ist knallhart kalkuliert worden – 1,99 ist etwas anderes als 2,01.“ Deshalb würden die Preise bei Einzelprodukten auch in Zukunft wahrscheinlich nicht gerundet. Etwas anderes sei das Runden an der Kasse. „Aber auch das wird als Nachteil empfunden und von den Verbrauchern nicht gewünscht. Geld wird dadurch beliebiger“, sagte Twardawa. Und das in Deutschland, wo sprichwörtlich der Pfennig geehrt werde. In Italien werde das von den Verbrauchern anders empfunden, weil Münzen zu Lire-Zeiten wenig wert waren.

Ein weiterer negativer Nebeneffekt: Die Inflation könnte bei einer Rundungsregelung steigen. „Das hätte zwar keinen gewaltigen Effekt, aber wahrscheinlich würde der Handel die Gelegenheit eher zum Aufrunden nutzen“, sagte Gustav Adolf Horn vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Dies sei aus seiner Sicht auch die Motivation in den Niederlanden, wo der Handel einer der wichtigsten Befürworter der Neuregelung ist. In Deutschland sei die Lage aber wegen der „mehr psychologischen Preise“ anders.

Egal wie die Debatte auch ausgehen wird: Ein- und Zwei-Euro-Cent-Münzen bleiben im Euro-Raum gesetzliches Zahlungsmittel. Auch in den Ländern, die schon jetzt oder künftig auf runde Preise setzen. Nicht einmal die Europäische Zentralbank (EZB) könnte über die Abschaffung der kleinen Münzen befinden. Und schon gar nicht die Bundesbank. Münzen sind Sache des Ecofin-Rates, in dem die Finanzminister der Eurozone zusammensitzen. Dort aber, so heißt es in Frankfurt, sei die Angelegenheit kein Thema.

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