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 Autobauer, die in China produzieren, müssten einen Zoll kaum fürchten. Das Foto zeigt den Aufbau des Standes von Audi auf der Automesse in Schanghai.

© REUTERS

Handelsstreit: China und Europa werfen sich gegenseitig Dumpingpreise vor

China gibt sich im Zollstreit mit der EU aggressiv. Doch nicht jede Aktion würde von der WTO geduldet.

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Erst der Wein, jetzt die Autos. Nachdem die EU-Kommission Strafzölle auf Solarpaneele aus China erhoben hat, schlägt die Volksrepublik zurück. Vergangenen Mittwoch hatte Peking angekündigt, im Gegenzug für die Abgabe auf Solarprodukte Strafzölle auf europäische Weine zu prüfen. Am Freitag hieß es dann, China wolle auch europäische Oberklassewagen mit einem Strafzoll belegen, sollte Europa sich nicht einsichtig zeigen. Schrittweise erhöht die Regierung in Peking damit den Druck auf die EU-Kommission.

„Der Handelsstreit spitzt sich deutlich zu“, sagt Horst Löchel, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management, der acht Jahre in Schanghai gelebt und gearbeitet hat. Die Reaktion der Chinesen sei verständlich. „Das ist Verhandlungstaktik.“ China sei heute viel selbstbewusster, wisse um seine eigene Stärke und lasse sich deshalb längst nicht mehr alles gefallen.

Brüssel und Peking werfen sich gegenseitig vor, diverse Produkte zu nicht kostendeckenden Preisen anzubieten und damit die Handelspartner zu unterbieten, also schlicht Dumping zu betreiben. Bereits in der Vergangenheit gab es Spannungen. Bislang waren davon aber nur Nischenmärkte betroffen. So hat die EU-Kommission von 2006 bis 2011 Schutzzölle auf den Import chinesischer Lederschuhe erhoben. Jetzt hat sich der Streit auf die Solarindustrie ausgeweitet und damit eine neue Dimension erreicht. 2011 gingen 60 Prozent der chinesischen Solarexporte nach Europa, die Lieferungen hatten einen Gesamtwert von mehr als 20 Milliarden Euro.

„Aus chinesischer Sicht sind die Strafzölle nicht gerecht“, sagt Cora Jungbluth, Asienexpertin bei der Bertelsmann-Stiftung. „Sowohl Europa wie China fördern die Solarindustrie. Die Chinesen verstehen nicht, warum sie dafür jetzt bestraft werden.“ Die EU-Kommission sieht ihr Vorgehen indes durch die klaren Regularien der Welthandelsorganisation WTO, in der China seit Ende 2001 Mitglied ist, gedeckt. Ein Anti-Dumping-Verfahren dauert in der Regel 15 Monate und gliedert sich in zwei Abschnitte. Zunächst prüfen die Ermittler die Bücher der größten Firmen der betreffenden Branche, in diesem Fall prüften sie auch Betriebe vor Ort in China. Firmen, die kooperieren, können später mit geringeren Strafzollsätzen rechnen. Im zweiten Abschnitt, nachdem vorläufige Zölle verhängt worden sind, wird erneut verhandelt. Am Ende, im Solar-Fall ist das im Dezember, kann eine Mehrheit der EU-Mitgliedsländer die Verhängung von Strafzöllen vereiteln. Die Bundesregierung und 16 der 27 EU-Staaten haben sich bereits für einen Stopp des Verfahrens ausgesprochen – was sich bis Dezember aber ändern kann.

Grundsätzlich dürfen Anti-Dumping- Maßnahmen laut der WTO mit Sitz in Genf nur eingeführt werden, wenn die Untersuchung eindeutig ergeben hat, dass tatsächlich Dumping im definierten Sinne vorliegt. Zudem muss der betroffene Wirtschaftszweig eine „bedeutende Schädigung“ erlitten haben und ein kausaler Zusammenhang zwischen Dumping und dem Schaden nachgewiesen werden. In der EU gilt zudem die Regel, dass Maßnahmen, etwa Zölle, nur eingeführt werden dürfen, wenn sie nicht dem „Interesse der Union“ zuwiderlaufen.

Dass China also wirklich deutsche Autohersteller legal treffen kann, ist fraglich: „Sie exportieren nur wenig nach China, sondern produzieren die meisten Wagen in den Werken vor Ort“, sagt Wirtschaftsprofessor Löchel. So rollten 2012 in den chinesischen Werken der deutschen Autobauer 2,9 Millionen Pkw vom Band, in China eingeführt wurden dagegen nur 285 000 deutsche Autos.

Brisanter ist die Lage dagegen für Europas Flugzeugbauer Airbus. Die chinesische staatliche Luftfahrt-Holding Cas hatte erst im April eine Absichtserklärung abgegeben, Flugzeuge für mehrere Fluggesellschaften des Landes mit einem Gesamtlistenpreis von knapp 5,9 Milliarden Euro zu ordern. Bei einer Eskalation des Handelsstreits könnten Aufträge wie dieser auf der Kippe stehen.

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