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Wirtschaft: Handwerk fürchtet den Verlust von bis zu 600 000 Stellen Schwerste Krise seit der Wiedervereinigung

Berlin (brö). Im deutschen Handwerk gehen 2002 und 2003 womöglich jeweils bis zu 300 000 Arbeitsplätze verloren.

Berlin (brö). Im deutschen Handwerk gehen 2002 und 2003 womöglich jeweils bis zu 300 000 Arbeitsplätze verloren. Damit stehe die Branche vor dem größten Stellenabbau seit der deutschen Einheit, sagte der Generalsekretär des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH), HannsEberhard Schleyer, am Mittwoch in Berlin. 6000 Betriebe würden das laufende Jahr nicht überleben, im vergangenen Jahr seien es noch 4000 gewesen. Schuld an dieser Entwicklung sind Schleyer zufolge die Konsumzurückhaltung der Verbraucher, die fehlende Investitionsnachfrage und die schlechte Wirtschaftslage. „Der Abschwung hat sich im dritten Quartal verfestigt“, fasste Schleyer die Ergebnisse einer Umfrage unter den Handwerksbetrieben zusammen.

Die Lage könnte sogar noch schlimmer werden, warnte der Verband. Die Auswirkungen der Steuer- und Abgabenpläne der Bundesregierung seien zum Zeitpunkt der Umfrage unter den 22 000 Betrieben nicht absehbar gewesen. Schon in den vergangenen beiden Jahren waren die Umsätze des Handwerks rückläufig. Ende 2001 arbeiteten noch 5,7 Millionen Menschen im Handwerk.

Die Stimmung im Handwerk ist dem ZDH zufolge miserabel. 43 Prozent der Betriebe im Westen und 46 Prozent im Osten gehen von einer weiteren Verschlechterung der Geschäfte im Winter aus. Der Umsatz der Branche werde 2002 um 4,5 Prozent zurückgehen, im kommenden Jahr erneut um ein bis drei Prozent. „Wir malen nicht schwarz, wir spiegeln nur die Realtität in den Betrieben wider“, beteuerte Schleyer. Helfen könne seiner Branche eine Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank, Lockerungen beim Kündigungsschutz, Bürokratieabbau sowie eine Senkung der Sozialbeiträge. Außerdem sollten die nach dem Hartz-Konzept geplanten Mini-Jobs nicht nur im Haushalt, sondern auch in Betrieben möglich sein. Schleyer erklärte, die am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Erhöhung von Steuern, Abgaben und Sozialbeiträgen seien „Gift für die Wirtschaft“. Besonders deutlich werde dies beim „Steuervergünstigungsabbau-Gesetz“. Das Ziel sei schlicht, mehr Steuern einzunehmen.

Vom Anstieg der Steuerbelastung profitieren wird nach Einschätzung des Ökonomen Friedrich Schneider die Schattenwirtschaft. Diese sei Deutschlands verlässlichste Konjunkturstütze, sagte Schneider dem Magazin „Impulse“. Im kommenden Jahr werde die Schwarzarbeit dreimal so stark wachsen wie die legale Wirtschaft, und zwar auf eine Leistung von 365 bis 370 Milliarden Euro. Ein Eindämmen sei nur möglich, wenn in allen Branchen die 325-Euro-Grenze für geringfügige Beschäftigung falle.

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