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Wirtschaft: Hannover-Messe verliert an Bedeutung

Kanzler: Krieg könnte Aufschwunghoffnung „zunichte machen“ / Firmen kritisieren Konzept der Ausstellung

Hannover/Düsseldorf (Tsp/gil/HB). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat negative Auswirkungen der amerikanischen IrakInvasion auf die Weltwirtschaft als absehbar bezeichnet. Wirtschaftsvertreter forderten ihn zu Reformen auf. Derweil zeichnet sich ab, dass auch die Investitionsgüterschau Hannover Messe (siehe Lexikon) der Konjunktur nicht auf die Sprünge helfen wird und zunehmend an Bedeutung verliert.

„Schon jetzt ist absehbar, dass der Krieg im Irak die weltwirtschaftlichen Unsicherheiten verstärkt und manche Wachstumshoffnungen beeinträchtigt – wenn nicht gar zunichte macht“, sagte der Kanzler zur Eröffnung der Hannover Messe am Sonntag. Man müsse besorgt sein über die Auswirkungen des Krieges auf die Weltwirtschaft. Industrievertreter forderten ihn auf, an seinen Reformplänen festzuhalten. Die Umbauten müssten gegen Widerstände umgesetzt werden, erklärte der Chef des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Diether Klingelnberg. „Lassen Sie nicht zu, dass die Substanz der Vorschläge von den ewig Gestrigen zerredet werden“, sagte er. Die Reform könnte allerdings „nur ein erster, aber wichtiger Aufschlag“ sein. Weitere Themen seien die hohen Lohnnebenkosten und der Abbau von Subventionen. Der Vizepräsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), Dieter Harting, lobte Schröder für seinen neuen Politikstil. Es sei richtig, die Idee einer Konsensgesellschaft zu verlassen.

Unternehmen sparen sich die Präsenz

Die Hannover Messe steht in diesem Jahr unter keinem guten Stern. Die Konjunkturkrise hat die Zahl der Aussteller auf der noch immer wichtigsten internationalen Schau um rund zehn Prozent auf 6200 schrumpfen lassen. Großkonzerne wie Thyssen Krupp sehen keinen Sinn mehr, sich auf der einst als „Messe der Messen“ und „Konjunkturbarometer“ gepriesenen Ausstellung zu präsentieren. Andere bleiben aus Kostengründen weg. Die Anmeldungen aus Deutschland sind um 20 Prozent gesunken. Denn der Maschinen- und Anlagenbau und die Elektroindustrie als die wichtigsten in Hannover vertretenen Branchen haben für das vergangene Jahr ein Minus von jeweils vier Prozent verbucht. Für das laufende Jahr erwarten sie bestenfalls Stagnation. Da lässt manches Unternehmen die teure Präsenz auf der Messe ausfallen. Zumal es an dem Universalkonzept mit verschiedenen Fachmessen unter einem Dach seit langem Kritik gibt. Unübersichtlichkeit und „Bauchladen“, bemängeln Aussteller.

Dies hat bereits früher zu zahlreichen Abspaltungen geführt, die sich als erfolgreiche eigene Messen etabliert haben. Die bekannteste, die Cebit, hat ihre einstige Mutter weit überflügelt. Dieses Jahr ist die Kritik am Messekonzept besonders heftig. Die Aussteller für Materialfluss und Logistik haben bereits ihren Abschied aus Hannover angekündigt. Sie werden ab 2005 eine eigene Fachmesse veranstalten. Auch die Roboterhersteller zeigen sich abwanderungswillig. „Zu wenig internationale Besucher“, hat der Sprecher des Fachverbandes, Patrik Schwarzkopf, bemängelt. Besonders süddeutsche Aussteller wie Kuka plädieren für einen Wegzug. Sie wollen eine eigene Robotermesse mit Namen „Automatic“ im Juni 2004 in München starten. Ob sich genügend Aussteller finden, muss sich noch zeigen. Denn es gibt auch Aussteller wie ABB oder den Elektroverband ZVEI, die eher für Hannover plädieren.

Die Manager der Deutschen Messe AG haben reagiert und ein neues Konzept präsentiert. Sie wollen sich nicht mehr an den Ausstellern orientieren, sondern haben den Kunden entdeckt. Ab 2005 sollen im jährlichen Wechsel die Fertigungsindustrie – also die Auto-Zulieferer und der Maschinen – und Anlagenbau – und in geraden Jahren die Chemie-Zulieferer sowie Energieversorger angesprochen werden. „Zwei Messen – ein Ziel“ ist der Name der Idee. Doch auch hier muss sich zeigen, ob die Aussteller dieses Modell annehmen. Denn die Unternehmen der Prozess-Industrie stellen bereits alle zwei Jahre in Düsseldorf auf der Interkama aus.

Nicht nur die Aussteller, auch die Besucher meiden die Hannover Messe. Vor einem Jahr waren 244 000 Besucher gekommen. „Die Firmen schicken auf jeden Fall aus Kostengründen weniger Mitarbeiter“, meint Messechef Klaus Goehrmann. Bereits bei der Cebit hatte es ein Minus von 17 Prozent gegeben. „Entscheidend ist nicht die Masse, sondern die Klasse der Fachbesucher“, tröstet sich Goehrmann. Doch in diesem Jahr wird es nicht nur wegen der schwachen Konjunktur weniger Besucher geben. Der Krieg dürfte viele Amerikaner von der Reise abhalten. Jetzt kommt auch noch die Lungenkrankheit Sars hinzu, die vor allem Reisende aus Asien abschrecken könnte. In Hannover sollen Besucher aus Fernost aber nach wie vor willkommen sein. Im Gegensatz zur Uhrenmesse in Basel, die das Personal von 400 Ausstellern aus Asien ausgeschlossen hatte, soll es in Hannover keine Beschränkungen geben.

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