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Wirtschaft: Hans-Olaf Henkel: Der BDI-Chef sieht Bewegung im Land - höhere Reformbereitschaft - Jahrestagung des Industrieverbands

Nach Einschätzung der deutschen Industrie ist die Reformbereitschaft in Politik und Gesellschaft deutlich gewachsen. "Deutschland bewegt sich", hat BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel beobachtet, "in den letzten zwei Jahren hat sich mehr bewegt als in vielen Jahren zuvor".

Nach Einschätzung der deutschen Industrie ist die Reformbereitschaft in Politik und Gesellschaft deutlich gewachsen. "Deutschland bewegt sich", hat BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel beobachtet, "in den letzten zwei Jahren hat sich mehr bewegt als in vielen Jahren zuvor". Henkel stellte am Montag einen so genannten Statusbericht 2000 sowie eine Analyse des Haushaltsentwurfs 2001 vor. Anlass war die Jahrestagung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die am Dienstag unter dem Motto "Verpflichtung zur Nachhaltigkeit" stattfindet. Zum Thema Nachhaltigkeit sagte Henkel, dass "die deutsche Gesellschaft den Umweltschutz ernst nimmt". Bei Staatsfinanzen ("steigende Schuldenberge") und Sozialsystemen ("marode") könne davon keine Rede sein. Der Sparkurs von Finanzminister Hans Eichel (SPD) sei zwar richtig, aber einige "Koordinaten müssen noch korrigiert werden". Als vordringlich nannte der BDI-Präsident die Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 39,5 Prozent. Dabei sei "nicht so wichtig", wann der niedrigere Satz komme. Vielmehr würde allein die Ankündigung das Investitionsklima verbessern. Der BDI hatte nach der "Ruck-Rede" des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog vor drei Jahren rund 70 Persönlichkeiten zusammen gerufen, um eine Vision der deutschen Gesellschaft zu entwerfen. Was aus den Vorschlägen der "Visionäre" wurde, hat nun der BDI in einem Statusbericht "Für ein attraktives Deutschland" untersucht. Fortschritte hat es Henkel zufolge in der "roten Biotechnik" gegeben, in dem Bereich habe Deutschland die meisten Unternehmensgründungen. Ferner nannte der BDI-Präsident den Ausbau der Informationsgesellschaft, hier seien Barrieren und Überregulierungen abgebaut worden, und die Außenpolitik, da sie der Türkei eine EU-Beitrittsperspektive geöffnet habe. Demgegenüber habe es Rückschritte in der Energie- und Umweltpolitik wegen des Ausstiegs aus der Kernenergie und der "Erhöhung von alten und neuen Abgaben" gegeben.

Als Gründe für die alles in allem eher positive Entwicklung führte Henkel neben der Globalisierung (andere Länder übernähmen Modellfunktionen) und dem eigenen Einfluss ("In vielen Bereichen nähert man sich unserer Konzeption an.") auch den Wechsel an der Spitze von SPD und CDU an. Als "größte Gefahr" für Land und Leute machte Henkel "Selbstzufriedenheit" aus. "Wenn die Konjunktur nach oben läuft, geht die Reformbereitschaft nach unten." Insbesondere in der Finanz- und Rentenpolitik sei der Handlungsbedarf groß. Trotz der Eichelschen Sparpolitik würden bis 2001 und 2004 im Bund rund 137 Milliarden Mark zusätzliche Schulden gemacht. In den letzten Jahren habe im übrigen der Bund immer mehr für Soziales und Zinsen und immer weniger für Investitionen ausgegeben. Der Haushalt 2001 sei deshalb "kein Haushalt für zukünftige Generationen sondern einer für heutige Wähler". Dennoch habe der Finanzminister Spielraum für eine weitere Absenkung des Spitzensteuersatzes, womit vor allem Personengesellschaften im Mittelstand entlastet werden könnten. "Eichel soll sich nicht arm rechnen", sagte Henkel. Die Steuerschätzungen seien doch ziemlich zurückhaltend. Immerhin bringe ein Prozent Wachstum rund 36 Milliarden Mark Steuern. Auf der Jahrestagung des BDI wird unter anderem der französische Staatspräsident Jaques Chirac sprechen. Bereits am Montag trafen sich Unternehmer aus Frankreich und Deutschland zur Diskussion mit Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder.

alf

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