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Wirtschaft: Harte Auflagen für Portugal

78 Milliarden Euro Hilfe von EU und IWF / Im Gegenzug müssen Ausgaben drastisch gekürzt werden

Lissabon/Berlin - Längere Rezession, höhere Steuern, geringere Bildungsausgaben, Verkauf von Tafelsilber: Portugal steht nach der Einigung mit Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) auf ein 78 Milliarden Euro schweres Rettungspaket vor harten Zeiten. Die Probleme des hoch verschuldeten Landes seien noch nicht gelöst, warnten Experten. Trotz der Vereinbarung verlangten Investoren bei einer Auktion von Staatsanleihen deutlich höhere Zinsen.

Die Bundesregierung machte zunächst keine Angaben, für welchen Anteil der Kreditsumme Deutschland Garantien stellen muss. Der Betrag hänge von Details ab, bei denen es noch keine Einigung gebe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Nach Experten-Berechnungen wird die Bundesrepublik über den provisorischen Euro-Rettungsschirm für etwa sieben bis acht Milliarden Euro geradestehen müssen. Direkte Zahlungen an Portugal fließen aus Deutschland nicht.

Wegen der im Gegenzug für die Hilfen vereinbarten Sparmaßnahmen „dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2011 und 2012 voraussichtlich um zwei Prozent schrumpfen“, sagte am Mittwoch eine mit den Auflagen vertraute Person. 2010 hatte es ein Plus von 1,4 Prozent gegeben. Der geschäftsführende Ministerpräsident Jose Socrates äußerte sich bislang nicht zu Details der Bedingungen, die Portugal erfüllen muss. Kreisen zufolge soll die Kfz- Steuer ebenso angehoben werden wie die Vermögensteuer. Gleichzeitig sollen die Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Wohnungsbau gekürzt werden.

Die Opposition ließ einen Monat vor den Parlamentswahl ihre Zustimmung für das Rettungspaket offen. „Wir werden das jetzt erstmal analysieren“, sagte der konservative Sozialdemokrat Carlos Moedas. Die EU strebt eine überparteiliche Einigung an, damit das Maßnahmebündel im Falle eines Regierungswechsels nicht aufgeschnürt werden muss.

Zu den Auflagen gehört den Kreisen zufolge auch, dass der hoch verschuldete Staat bis 2013 rund 5,3 Milliarden Euro durch Privatisierungen erlösen muss. Vorgesehen ist auch eine bessere Kapitalausstattung der portugiesischen Banken, die damit für Krisenzeiten ein größeres Polster anlegen müssen. Bis zu zwölf Milliarden Euro aus dem Rettungspaket sollen dafür verwendet werden.

Trotz der Einigung auf das Rettungspaket verlangten Investoren höhere Zinsen für neue Staatsanleihen: Bei der Auktion von Papieren mit dreimonatiger Laufzeit stieg der durchschnittliche Zins auf 4,652 Prozent. Im vergangenen Monat waren es lediglich 4,046 Prozent. An den Finanzmärkten gaben die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen nur leicht nach: Der Abstand zu den als sicher geltenden zehnjährigen deutschen Bundespapieren verringerte sich um 0,18 Punkte auf 6,77 Prozent. Die Investoren warteten auf Details zu den Vereinbarungen mit EU und IWF, hieß es.

Nach Berechnungen der Commerzbank kann Portugal mit dem Geld bis Mitte 2014 die bis dahin anfallenden Defizite decken und seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen. „Mit dem Hilfsprogramm dürfte die Finanzierung des portugiesischen Staates für die kommenden drei Jahre gesichert sein“, sagte Commerzbank-Analyst Ralph Solveen. rtr

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