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Wirtschaft: Heftige Kritik der Ersatz-Krankenkassen - RSA schafft Ungerechtigkeit

Er sollte solidarisch sein. Die reichen Westkassen sollten die Finanzlöcher ihrer ostdeutschen Schwestern stopfen und die Widrigkeiten der Liberalisierung auch unter ihresgleichen im Westen ausgleichen.

Er sollte solidarisch sein. Die reichen Westkassen sollten die Finanzlöcher ihrer ostdeutschen Schwestern stopfen und die Widrigkeiten der Liberalisierung auch unter ihresgleichen im Westen ausgleichen. Doch sechs Jahre nach Einführung des Risikostrukturausgleichs (RSA) ist das Gegenteil eingetreten. "Dieses System steht vor dem Kollaps", sagt Hansjoachim Fruschki, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten Krankenkassen (DAK).

"Die Virtuellen sind Magier"

Der RSA fördere das unsoziale Verhalten von virtuellen Betriebskrankenkassen (BKKn), die mit Billigbeiträgen unter elf Prozent Mitglieder locken und sich die Fehlsumme von den anderen Kassen über den RSA holen. Mit der erwirtschafteten Summe an Beiträgen liegen die virtuellen BKKn - hinter denen also kein Betrieb steht - jedoch unter dem gesetzlich festgelegten Beitragsbedarf. Da sie teilweise bis zu 20 Prozent weniger haben, als ihnen zusteht, müssen die anderen Krankenkassen über den RSA Geld an sie abführen, bis alle Kassen den ihnen zustehenden Mittelwert erreicht haben. Wenn die virtuellen BKKn weniger Geld einnehmen, heißt dies jedoch nicht, dass sie auch weniger Geld haben. "Das sind Magier", sagt Fruschki über die BKK für Heilberufe, die drei Monatsausgaben als Rücklage erwirtschaftet hat. Gesetzlich vorgeschrieben sind 25 Prozent einer einzigen Monatsausgabe.

Dieses System ist nicht nur unsolidarisch, sondern behindert laut Fruschki auch Investitionen in dringend nötige Verbesserungen des Gesundheitssystems. Er schlägt daher vor, die Differenz zwischen den tatsächlichen Ausgaben und den standardisierten Leistungsausgaben zu begrenzen. In zukünftig zwei Stufen soll zunächst der Unterschied zwischen den Ausgaben und der Summe, die der Kasse laut RSA gesetzlich zusteht, ermittelt werden. Wenn die Kasse weniger ausgibt, als ihr aus dem Gemeinschaftstopf zusteht, soll in der zweiten Stufe dieser zu hoch angelegte sogenannte Beitragsbedarf gekappt und neu verteilt werden. Das Geld sollen dann alle anderen Kassen bekommen.

Momentan müsse eine Krankenkasse einen Beitragssatz von 12,7 Prozent bekommen, um den im RSA festgelegten Beitragsbedarf zu decken. Rechnet man dazu noch die 0,5 Prozentpunkte für Verwaltung, kommt eine Krankenkasse auf 13,2 Prozent Beiträge. Deutlich mehr also, als die virtuellen BKKn mit ihren rund elf Prozent. Fruschki will seine Kollegen jedoch durchaus zu wirtschaftlichem Handeln anregen und schlägt daher vor, einen Korridor von 0,25 Prozentpunkten nicht zu berücksichtigen und die Summe den abgeschöpften Kassen zu belassen. Die virtuellen Kassen erschweren den Ersatzkassen, wie der DAK, das Leben. So haben die im Verband der Angestellten Krankenkassen zusammengefassten Kassen allein 1999 rund 500 000 Mitglieder an die virtuellen BKKn verloren. Vor allem die sogenannten guten Risiken gehen zu den virtuellen BKKn: Junge und dynamische Menschen, die gut verdienen und allein stehend sind. Sie benötigen keine teuren Geschäftsstellen, sondern kommunizieren über das Internet und das Telefon mit ihrer Kasse. Die Wanderungsbewegungen führen zu "Wettbewerbsverzerrungen", ärgert sich Fruschki. Denn die virtuellen BKKn hätten gar keine Kranken, sondern nur Gesunde, würden aber das Geld einstreichen.

Der Wettbewerb wird behindert

"Der eigentliche Wettbewerb zwischen den Krankenkassen für die Kranken wird dadurch verhindert." Erschwert wird die Situation noch dadurch, dass etliche der BKKn ihre Mitgliederschaft wieder schließen, sowie sie genügend gute Risiken gewonnen haben. Fruschki fordert die Regierung daher auf, die Öffnungsoption zu streichen. Deutlich sprach sich Fruschki auch gegen das von Rot-Grün geplante Gesetz zum Schutz der Knappschaft - die Krankenkasse der Bergleute - und der Seekrankenkasse aus.

Ulrike Fokken

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