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HEIK AFHELDT trifft …: Jan Bohl, Tonerzeuger

Ein „Hidden Champion“, versteckt im Hinterhof eines alten Fabrikgebäudes an der Schönhauser Allee. Ableton steht auf dem Schild.

Ein „Hidden Champion“, versteckt im Hinterhof eines alten Fabrikgebäudes an der Schönhauser Allee. Ableton steht auf dem Schild. Hinter diesem Kunstnamen verbirgt sich ein Weltmarktführer auf dem Gebiet der Musiksoftware.

Oben im dritten Stock im Hinterhaus überrascht ein innenarchitektonisches Kunststück auf 2500 Quadratmetern mit bunten Büros, lichten Gängen und einladenden Gemeinschaftsräumen. 100 Mitarbeiter aus mehr als 20 Nationen basteln hier an neuen Softwareversionen und beantworten Fragen der gut 1,2 Millionen offiziellen Nutzer weltweit. Mindestens dreimal so viele „Piraten“ vermutet man. Die Firmensprache ist Englisch. Der größte Markt mit einem Anteil von 35 Prozent sind die USA, gefolgt von Großbritannien und Deutschland. Die drei Standardprodukte zum „Entwerfen“, Produzieren und Vorführen von Musik kosten 129 bis 699 Euro.

Einer der drei Vorstände, Jan Bohl, für das „Kaufmännische“ zuständig, erzählt in seinem schönen Büro mit roten Schreibtischplatten, wie seine Partner die Firma vor zehn Jahren gegründet haben. Der Umsatz ist seitdem auf 13,4 Millionen Euro gestiegen – und Wachstum ist weiter angesagt. Dieses Jahr wollen sie 25 neue Mitarbeiter einstellen.

Der nüchterne Hamburger Industriekaufmann und Betriebswirt – schmaler Kopf, intelligente Stirn und dunkle Brille – mit einem Doppeldiplom der TU und einer renommierten Hochschule für Ökonomen in Paris macht ganz und gar nicht den Eindruck, zu übertreiben. Dafür hat er vom Elternhaus zu viel hanseatischen Kaufmannsgeist mitbekommen. Der Vater war Anwalt, Wirtschaftsprüfer und Seniorpartner in einer mittelständischen Kanzlei. Für den jüngsten sportbegeisterten Sohn, aufgewachsen in harmonischer grüner Vorort-Atmosphäre, war die Berufswahl nach dem Abi deshalb kein Problem. Die anspruchsvolle Lehre nach einem Jahr beim Bund machte er bei der Traditionswerft Blohm & Voss. Neben dem Studium gab es längere Praktika in Babelsberg, bei Canal Plus, der KPMG in Paris und Berlin und bei Moulinex. Richtig eingestiegen in den Beruf ist er dann als Berater in der Media Unit von Coopers & Lybrand, heute eine IBM-Tochter. Er erinnert sich an hoch interessante Mandate, etwa für den SWR. 1999, nach viereinhalb Jahren, fanden ihn die Gründer Gerhard Behles und Bernd Roggendorf auf ihrer Suche nach einem veritablen Kaufmann und Partner für ihre neue Firma. Nun sind sie noch immer zusammen und versuchen Ableton wie ein Familienunternehmen zu führen – mit Erfolg.

Berlin mit seiner facettenreichen Clubkultur und der hohen Attraktivität für Künstler aus aller Welt ist für sie das immer bedeutender werdende internationale Zentrum für elektronische Musik. In Manhattan haben sie nur eine Vertriebsstation mit fünf Köpfen. Sein Wunsch, um Berlin als Weltstadt der Musik weiterzuentwickeln, ist, dass die Anstellung von Nicht-EU-Bürgern einfacher wird.

Verheiratet ist er übrigens mit einer kreativen Hutmacherin. Sie leben in der Kollwitzstraße.

Heik Afheldt war Herausgeber des

Tagesspiegels.

Jan Bohl (43) ist Chief Financial Officer (CFO) und Chief Operating Officer (COO) der Ableton AG, Industriekaufmann und Diplom-Betriebswirt. Der Unternehmer stammt aus Hamburg.

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