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HEIK AFHELDT trifft …: Wolf Lepenies, Soziologe

Sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied bei Axel Springer ist nur eine Fußnote im breiten Interessenspektrum dieses hoch geschätzten Wissenschaftlers. Als ehemaliger langjähriger Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin bleibt der heutige „Permanent Fellow“ ein wichtiger Anreger in der Wissenschaftsstadt Berlin mit ihren mittlerweile gut 200 000 Wissenschaftlern.

Sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied bei Axel Springer ist nur eine Fußnote im breiten Interessenspektrum dieses hoch geschätzten Wissenschaftlers. Als ehemaliger langjähriger Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin bleibt der heutige „Permanent Fellow“ ein wichtiger Anreger in der Wissenschaftsstadt Berlin mit ihren mittlerweile gut 200 000 Wissenschaftlern. Mit unzähligen von ihnen und anderen auf dem Globus ist er bestens vernetzt. Wir treffen uns in einer der schönen alten Villen, die mit dem Neubau den kleinen Campus nahe der Königsallee bilden. Hier ist auch das respektable Büro des umtriebigen „alten Herrn“, der nicht nur in Zeitungen publiziert, sondern in Stiftungen wie der Thyssen-Stiftung mitwirkt, in Osteuropa, Frankreich und Spanien an der Entstehung vergleichbarer Kollegs strickt, in der Mittwochsgesellschaft bei Richard von Weizsäcker mit Helmut Schmidt oder Wolfgang Thierse über die Probleme der Welt diskutiert und nebenher emsig Bücher schreibt. Das jüngste, „Die Macht der Zeichen“, über Auguste Comte.

Was passiert hier in einer so friedlichen Atmosphäre? 40 der besten Köpfe aus der ganzen Welt dürfen ein Jahr über etwas nachdenken und forschen, das ihnen und der Auswahlkommission wichtig erscheint. Aktuell kommen sie aus 18 Ländern und 16 Disziplinen. Aber es gibt auch Schwerpunktthemen, dieses Jahr etwa aus der theoretischen Biologie: „Grenzen der Krankheitsbekämpfung – Scheitern an Krankheiten“ und „Dilemmata in der Berufspraxis der Medizin in Afrika“. Finanziert werden sie je zur Hälfte vom Bund und vom Land Berlin mit insgesamt fünf Millionen Euro im Jahr. Für besondere Projekte gibt es Sponsoren aus der Wirtschaft. Und was kommt raus bei der Arbeit und dem Leben in so paradiesischen Verhältnissen – frei von den Zwängen des Alltags – mit Ausnahme der gemeinsamen Essen? Spätere Nobelpreisträger und besondere Veröffentlichungen, die sonst nicht entstanden wären. „Der Nutzen ist groß, obwohl entfernt“, ist Lepenies überzeugt.

Wie ist der geborene Ostpreuße, frühere Basketballspieler und hochgewachsene „lange Kerl“ – 1,94 Meter – mit seiner auffallenden Höflichkeit an die Spitze des Kollegs geraten? 1984 hat Peter Wapnewski den international angesehenen Soziologen aus Princeton geholt, wo er häufiger für ihn prägende Forschungsaufenthalte verbracht hatte. Es wurde für ihn und das Kolleg ein Glücksfall. 15 Jahre hat er von hier aus Gedanken und Fäden gesponnen, unzählige Auszeichnungen erhalten und länderübergreifend gewirkt. Ein bisschen stolz sei er schon, habe aber einfach viel Glück gehabt, auch mit den Politikern, mit denen er zu tun hatte. Die weitverbreitete Furcht vor einer Krise der demokratischen Gesellschaft in Deutschland „kann mich nicht so recht aufregen“, meint der lebenserfahrene Herr, der die „lange Sicht“ bevorzugt. Seine Frau – Psychologin – hat er in der Schule kennengelernt. Er war 18, sie 15 Jahre jung.

Heik Afheldt war Herausgeber des

Tagesspiegels.

Wolf Lepenies (69) ist

Permanent Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und emeritierter Soziologieprofessor der FU. Er wurde im damaligen Ostpreußen geboren und wuchs in Koblenz auf.

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