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Wirtschaft: Heinrich von Pierer - der Initiator der Siemens-Umstrukturierung

Eigentlich schien alles zur Jubelfeier gerichtet. Die Siemens-Aktie ist binnen eineinhalb Jahren vom verspotteten "Witwen- und Waisen-Papier" zum Überflieger im Dax aufgestiegen und die Gewinne haben zuletzt um über ein Drittel zugelegt.

Eigentlich schien alles zur Jubelfeier gerichtet. Die Siemens-Aktie ist binnen eineinhalb Jahren vom verspotteten "Witwen- und Waisen-Papier" zum Überflieger im Dax aufgestiegen und die Gewinne haben zuletzt um über ein Drittel zugelegt. Dennoch wollte der dafür mutmaßlich verantwortliche Konzernchef Heinrich von Pierer bei der Präsentation dieser Erfolgsstory einfach nicht in Begeisterung ausbrechen. Viele Beobachter reagierten angesichts dessen überrascht bis verstört. Denn der gebürtige Franke müsste eigentlich allen Grund zur persönlichen Befriedigung verspüren.

Vor nicht allzu langer Zeit wurde er als "Softie" herunter gemacht, der beim beinharten Umbau des "schlafenden Riesen" Siemens zum Scheitern verurteilt sei. Heute loben ihn die Kritiker von damals und sehen in ihm einen völlig verwandelten Konzernlenker. Ein Rambo wird der 58-jährige, der auch schon einmal als "der gute Mensch aus Erlangen" bezeichnet wurde, aber wohl nie werden. Die Frage ist überhaupt, ob sich von Pierer geändert hat oder aber sein Umfeld. Wer über Stil und Wesen des Topmanagers urteilt, bewertet oft nur dessen Erfolge. Fällt die Aktie, gilt er als Schwächling, steigt sie, wird er zum knallharten Erfolgstyp.

Nüchtern betrachtet wandelt von Pierer seit seinem Amtsantritt als Siemens-Chef 1992 zielstrebig auf dem selben, steinigen Pfad. Seine Strategie war niemals auf kurzfristige Erfolge im nächsten Quartal ausgerichtet, sondern von langfristiger Natur. Von Anfang an sprach er von einer Kulturrevolution bei Siemens. Eine solche Herkulesarbeit braucht solide Vorarbeiten. Sie verträgt kein Blendwerk. Ein Feuerwerk sei zwar eindrucksvoll aber kurzlebig, verteidigt er selbst seine Arbeit, der nun Anerkennung zu Teil wird. Verändert habe sich von Pierer seit seiner Zeit an der Spitze von Siemens schon eher nach innen, heißt es in seinem Umfeld. Er sei durch seine Erfahrungen mit der Öffentlichkeit persönlich mißtrauischer geworden und vorsichtiger, seinen Prinzipien aber treu geblieben. Das würde auch die jetzt praktizierte Zurückhaltung von Pierers erklären. Nicht zuletzt weiß er, dass sein Werk noch nicht vollendet ist.

Thomas Magenheim-Hörmann

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