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Heiße Luft: Immobilienblase bereitet China Sorgen

Die Überhitzung des Immobilienmarktes ist derzeit die größte Sorge der Regierung in Peking. Das Wachstum des Landes fällt im laufenden Jahr vermutlich auf neun Prozent.

Man hat sich schon sehr an die wirtschaftlichen Erfolgsmeldungen aus China gewöhnt. Mit konstantem Wachstum kam die Volksrepublik durch die Wirtschafts- und Finanzkrise. Da überrascht es kaum, dass sich das Land nun zur zweitgrößten Volkswirtschaft erklärt. „China hat Japan überholt“, sagte Yi Gang, Vizechef der chinesischen Zentralbank, Ende der vergangenen Woche. Auf welche Zahlen er sich dabei stützt, erklärte er indes nicht. China hatte Anfang 2009 Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt abgelöst. Nun ist womöglich also nur noch die Wirtschaftsleistung der USA größer als die der Volksrepublik. Doch ganz ohne Probleme läuft auch die chinesische Wirtschaft nicht.

Die Überhitzung des Immobilienmarktes ist derzeit die größte Sorge der Regierung in Peking. Die hohen Wohnungspreise sorgen für Unmut in der Bevölkerung und bedrohen das Wirtschaftswachstum. „Die Immobilienblase birgt das größte Risiko für Chinas Wirtschaft“, erklärte David Wyss, Chefökonom der US-Ratingagentur Standard & Poor’s. Erst kürzlich warnte auch der ehemalige IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff vor der Überhitzung der Wirtschaft und der Preisblase am Wohnungsmarkt. Schließlich gehen aktuelle Prognosen für die zweite Hälfte des Jahres von rund zwei Prozent weniger Wachstum aus. Am Sonntag wurde der aktuelle Einkaufsmanagerindex veröffentlicht, der zum dritten Mal in Folge fiel.

Doch Peking zufolge ist alles unter Kontrolle und die Abkühlung auf dem Markt gewollt. Laut chinesischer Notenbank ist die Verlangsamung des Wachstums eine natürliche Korrektur, zurückzuführen auf die Regulierung der Regierung. Den Immobilienmarkt aber hat die chinesische Regierung noch nicht in den Griff bekommen. Bereits seit Anfang des Jahres versucht Peking, die steigenden Preise zu stoppen. So wurde die Überwachung der Finanzierung von Bauprojekten verschärft und die Kreditvergabe eingeschränkt. Mitte Juni warnte Chinas Bankenaufsicht zuletzt vor dem Risiko einer Kettenreaktion bei Krediten. Spekulationen haben den Bausektor aufgebläht. Sollten die Immobilienpreise einbrechen, hätten die Banken mit faulen Krediten zu kämpfen. Da der Sektor etwa ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts ausmacht, wäre das Wachstum in Gefahr.

Im vergangenen Jahr hatte Chinas Führung den Immobilienmarkt laufen lassen, um die Konjunktur anzukurbeln – nun versucht sie, den überhitzten Markt wieder unter Kontrolle zu bekommen. Tatsächlich glauben die meisten Experten, dass Peking die Luft behutsam aus der Blase lassen kann. „Es wird keinen tiefen Fall geben“, meinte etwa Lian Ping, Chefökonom der Bank of Communications.

Abkühlung ja, Krise nein. So sehen es wohl auch die meisten deutschen Unternehmen. Ob VW oder Daimler – noch feiert besonders die deutsche Automobilindustrie den chinesischen Markt als Absatzmotor. Während der Chinareise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Mitte Juli schlossen deutsche Firmen Geschäfte in Milliardenhöhe ab. So baut Daimler künftig zusammen mit einem chinesischen Hersteller Lastwagen. Das Investitionsvolumen des Projekts liegt bei rund 800 Millionen Euro.

Auch VW kann derzeit auf eine wachsende Nachfrage in China bauen. In der ersten Jahreshälfte steigerte das Unternehmen seinen Absatz in der Volksrepublik um 46 Prozent auf über 950 000 Fahrzeuge. Besonders, wenn es um Luxuswagen geht, sind deutsche Fabrikate gefragt.

Und es scheint nicht so, als würde der Blick in die Zukunft den Unternehmen Sorgen bereiten. „Natürlich gibt es eine gewisse Abkühlung auf dem chinesischen Markt“, sagte Ulrich Walker, Chef von Daimler Nordost-Asien. Doch es gebe eben auch genügend Hinweise, dass es nicht allzu schlimm werde. Walker hat vor allem beeindruckt, wie erfolgreich die Volksrepublik durch die weltweite Finanzkrise gekommen ist. „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren ein stabiles Wachstum in China haben werden“, meinte Walker. Der Daimler-Manager glaubt, dass die Regierung in der Lage ist, die Wirtschaft des Landes stabil zu halten, selbst wenn es gelegentlich zu kleineren Konjunkturschwankungen kommen sollte. Gelingt China das tatsächlich, dürfte sich das riesige Land den neuen Titel als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt so schnell nicht mehr nehmen lassen.

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