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Herbstgutachten: Stärkstes Wachstum seit 20 Jahren

Die führenden Wirtschaftsforscher sind sich in ihrem Herbstgutachten für die Regierung einig: Die Konjunktur legt um 3,5 Prozent zu. Auch vom Arbeitsmarkt gibt es gute Nachrichten.

Berlin - Deutschland lässt die Wirtschaftskrise deutlich schneller als erwartet hinter sich. Das schreiben die acht führenden Wirtschaftsinstitute des Landes in ihrem Herbstgutachten für die Bundesregierung. Demnach wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um 3,5 Prozent wachsen und damit so stark wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Die Zahl der Arbeitslosen könnte im nächsten Jahr erstmals wieder unter die Drei-Millionen-Grenze fallen. Damit übertrifft die Wirtschaft alle Erwartungen. Bisher hatten die Institute nur mit einem Wachstum von 1,5 Prozent gerechnet.

Die Forscher sprachen am Donnerstag von einem „breit angelegten Aufschwung“. Der Konjunktur-Chef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, sagte: „Es kommen gute Jahre auf uns zu.“ Neben dem boomenden Export sei auch die Binnenkonjunktur angesprungen. Weil die Bürger mit kräftigen Lohnerhöhungen rechneten, würden sie wieder mehr Geld ausgeben und damit die Wirtschaft ankurbeln. Die Gutachter gehen davon aus, dass Bruttolöhne und -gehälter im nächsten Jahr um 2,8 Prozent steigen.

Für 2011 sagen die Forscher nur noch ein Wachstum von zwei Prozent voraus. Dafür dürfte die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2011 unter drei Millionen liegen. So wenig Arbeitslose gab es zuletzt 1992. Außerdem werde Deutschland schon 2011 wieder den EU-Stabilitätspakt einhalten. Dieser schreibt vor, dass das staatliche Haushaltsdefizit nicht mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf. In der Krise hatte Deutschland diese Grenze wie die meisten anderen Länder überschritten, für dieses Jahr rechnen die Forscher mit einer Defizitquote von 3,8 Prozent. 2011 dürfte sie auf 2,7 Prozent sinken.

Das Herbstgutachten dient der Bundesregierung als Grundlage für ihre eigene Konjunkturprognose am 21. Oktober. Sie ist die Grundlage für die Steuerschätzung und damit die Frage, wie viel die Regierung ausgeben kann. Entsprechend gut gelaunt kommentierte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) die Zahlen: „Der XL-Aufschwung geht weiter.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fand die Prognose „erfreulich“. Die Aussichten für den Arbeitsmarkt seien günstig: „Das ist ja das Wichtigste für die Menschen.“ Die Gewerkschaft IG Metall kritisierte dagegen, dass der Beschäftigungsaufbau auch auf schlecht bezahlte Leiharbeit zurückzuführen sei.

Trotz aller guten Prognosen gab es von den Gutachtern auch eine Warnung: Noch habe die Wirtschaft das Vorkrisenniveau nicht wieder erreicht. 2009 war das BIP um 4,7 Prozent eingebrochen. Zudem sei der Aufschwung noch gefährdet, weil die USA zurück in eine Rezession fallen könnten. Auch sei die Schuldenkrise im Euroraum noch nicht ausgestanden. Die Forscher forderten die Regierung nachdrücklich auf, an ihrem Sparkurs festzuhalten und sich auch auf europäischer Ebene für mehr Stabilität einzusetzen.

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