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Wirtschaft: Herkules-Auftrag für Siemens und IBM

Die Bundeswehr lässt ihr Kommunikationsnetz für 7,1 Milliarden Euro erneuern

Berlin - Siemens und IBM haben vom Bundesverteidigungsministerium den Zuschlag für das seit mehreren Jahren geplante Herkules-Projekt erhalten. Für 7,1 Milliarden Euro werden sie in den kommenden zehn Jahren die gesamte nichtmilitärische Computer- und Kommunikationstechnik der Bundeswehr runderneuern und vernetzen. Am Donnerstag unterzeichneten das Bundesverteidigungsministerium und ein Konsortium aus Siemens Business Services (SBS) und IBM den Vertrag.

Das Projekt ist das bisher größte IT-Projekt der Bundeswehr und gilt als zentraler Bestandteil der Modernisierung der Truppe. Die Technik soll aber weder in Waffensystemen, also in Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen oder Panzern, noch bei der Kommunikation im Feld eingesetzt werden.

Zum Kommunikationsnetz, das IBM und Siemens für die Bundeswehr aufbauen sollen, gehören in Deutschland rund 140 000 Computer, 7000 Server, 300 000 Festnetztelefone und 15 000 Mobiltelefone. Hinzu kommen neue Rechenzentren und IT-Serviceleistungen. Ein Bundeswehrsprecher sagte dem Tagesspiegel: „Es geht darum, alles zu vereinheitlichen.“ Bisher gibt es bei den meisten Dienststellen unterschiedliche Soft- und Hardware, was die Kommunikation zuweilen erschwere. Vier Jahre setzt die Bundeswehr für den vollständigen Austausch der Systeme an. Nach zehn Jahren soll die Modernisierung komplett abgeschlossen sein. 2950 Bundeswehrangehörige werden in dem Projekt beschäftigt.

Zur Umsetzung von Herkules hat die Bundesrepublik mit SBS und IBM ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet: die BWI Informationstechnik GmbH. Der Bund wird 49,9 Prozent an der Gesellschaft halten, 50,1 Prozent bekommt das Konsortium aus IBM und Siemens. Der Sitz des Unternehmens soll in Meckenheim bei Bonn entstehen. Die Kooperation zwischen dem Bund und der Industrie ist die bislang größte europäische Public-Private-Partnership, also ein Gemeinschaftsunternehmen von öffentlicher Hand und Industrie.

Für Siemens ist der jetzt geschlossene Vertrag der größte in der Unternehmensgeschichte. Siemens wird 60 Prozent des Umsatzanteils an Herkules halten, IBM 40 Prozent. Der IT-Dienstleister SBS galt lange Zeit als Sorgenkind. Daher wird Siemens ab Januar 2007 sein IT-Geschäft bündeln. „Der Herkules-Auftrag ist ein guter Startpunkt“, sagte ein Siemens-Sprecher dem Tagesspiegel. Er wirke sich bereits positiv aus: „SBS spricht derzeit mit anderen Staaten über ähnliche Aufträge.“

Beim Herkules-Projekt ist SBS verantwortlich für die Modernisierung der dezentralen Systeme an mehr als 1500 Standorten. IBM übernimmt die Modernisierung der Rechenzentren und der Anwendungen.

Auf heftige Kritik stößt der Herkules- Vertrag bei der Opposition. Jürgen Koppelin, zuständiger FDP-Berichterstatter im Haushaltsausschuss des Bundestages, sagte dem „Handelsblatt“: „Die Politik hat für 10 Jahre jeden Einfluss abgegeben.“ Das neue System sei zwar notwendig. Aber der Herkules-Vertrag entmachte den Bundestag, er könne nicht einmal eine Haushaltssperre verhängen, falls die Unternehmen die Absprachen nicht einhielten. Der Bund müsse nämlich laut Vertrag auf jeden Fall die jährlichen Raten an die Firmen zahlen.

Dem Verteidigungsministerium warf Koppelin vor, nicht hart genug verhandelt zu haben. Zwar habe er durchgesetzt, dass 30 Prozent der Aufträge an mittelständische Firmen vergeben werden. Aber es gebe keine Garantie, dass das auch erreicht werde. Wie gering der Einfluss des Bundes laut Koppelin ist, zeigt sich in der Unternehmensspitze von BWI Informationstechnik: Von 21 Aufsichtsräten stellen IBM und Siemens 11, die Arbeitnehmer sieben und der Bund drei. Von den vier Geschäftsführern sind drei von IBM und Siemens, nur einer kommt vom Bund.

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