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Wirtschaft: Hermann Josef Abs und die Nazis: Mythos des sauberen Ehrenvorsitzenden

Im Februar 1994 ist er im gesegneten Alter von 92 Jahren gestorben. Sein Ruf ist noch immer legendär, kritische Stimmen über sein Verhalten in der Nazizeit waren bislang eher rar.

Im Februar 1994 ist er im gesegneten Alter von 92 Jahren gestorben. Sein Ruf ist noch immer legendär, kritische Stimmen über sein Verhalten in der Nazizeit waren bislang eher rar. Doch das Ansehen von Hermann Josef Abs, der von 1938 bis 1976 ganz maßgeblich die Geschicke der Deutschen Bank bestimmt hat, bekommt jetzt deutliche Kratzer. Der heutige Vorstand scheut sich nicht, die Vergangenheit haarklein offen zu legen.

Bei der Arisierung jüdischen Besitzes während der Nazizeit hat die Deutsche Bank und vor allem Abs eine wenig rühmlich Rolle gespielt. Die Bank habe sich "brutal und aggressiv" an den Enteignungen von Juden beteiligt, schreibt der US-Historiker Harold James in seiner Analyse "Die Deutsche Bank und die Arisierung". Abs, der sich mitunter als Widerstandskämpfer rühmte, treffe dabei "eine persönliche und direkte Mitschuld an begangenen Brutalitäten".

Dass die Deutsche Bank selbst dabei den Anstoß zur Entkleidung des Mythos ihres Ehrenvorsitzenden liefert und den Historikern völlig freie Hand ließ, ist ihr hoch anzurechnen. Ende der achtziger Jahre hatte die Bank namhafte Wissenschaftler beauftragt, die Geschichte des Instituts nachzuzeichnen. 1995 zum 125jährigen Bestehen erschien ein dicker Band, mit einem Kapitel auch über die Rolle der Bank in der Nazi-Zeit. Gleichzeitig war klar, dass nach dem Fall des Eisernen Vorhangs bisher nicht zugängliches Material noch nicht ausgewertet war. 1998 beauftragte die Bank die Historiker deshalb ganz gezielt, das Verhalten des Geldhauses in der Nazi-Zeit zu erforschen. Ein erster Band über die Goldgeschäfte der Bank während des Zweiten Weltkriegs ist bereits erschienen, Mitte März legte James seine Studie über die Arisierung vor.

Dabei fällt das Urteil über die Bank, insbesondere aber über Abs nicht vorteilhaft aus. Die Bank passte schon 1937 ihre Strategie der Politik der Nazis an, die die Juden aus dem Wirtschaftsleben verdrängen wollten. Abs orientierte sich dabei immer an Vorteilen für die Bank. Er habe es fertig gebracht, gleichzeitig große deutsch-jüdische Unternehmerfamilie zu unterstützen, aber auch Kontakte "zu den Banditen von SS und Gestapo" zu knüpfen, schreibt James.

Bei der "Arisierung" habe die Deutsche Bank von ihren Auslandskontakten profitiert - und dafür war Abs verantwortlich. Vor allem über die Tochter Böhmische Union Bank (BUB) arbeitete die Bank eng mit SS und Gestapo zusammen und spielte bei der "Entjudung" des Sudetenlandes eine zentrale Rolle. Auch dies, so schreibt James, mache deutlich, "dass Abs mit vielen verzweigten Ketten in das System des Verfolgung und Vernichtung eingebunden war." Der Bankier sei verantwortlich gewesen, auch wenn er sich immer in sicherer Entfernung von Tötungsschauplätzen aufgehalten habe. James hält es für nicht überzeugend, dass Abs sein Handeln mit Blick auf das Wohl der Bank begründet hat.

Zwar hat die Deutsche Bank in einzelnen Fällen mit der Arisierung und der Enteignung von Juden Gewinne eingefahren. Eindrucksvolle Profite seien das allerdings nicht gewesen, schreibt James, ohne genaue Ziffern zu nennen. Dies mindert nicht die Verwerflichkeit des Tuns: Die BUB etwa verfügte 1943 über rund 90 Millionen Reichsmark auf Konten von jüdischen Bürgern, die im KZ Theresienstadt ermordet wurden. "Dies zeigt deutlich, dass die BUB ihr hauptsächliches Geschäft in der Verwertung des Eigentums der Opfer des Nationalsozialismus zugunsten des deutschen Staates sah". Insgesamt aber habe die Deutsche Bank - genau wie die Dresdner Bank - mit ihrer Beteiligung an der Arisierung nicht in erster Linie nach höheren Gewinnen gestrebt, sondern nach größerem Einfluss. Dies galt vor allem in den Regionen, die die Nazis besetzten, wie etwa der Tschechoslowakei. Dort hat sie sich, so James "am aggressivsten und brutalsten gebärdet". Nur in Regionen mit vielen jüdischen Unternehmen, wie etwa in Berlin oder Frankfurt hatten die Filialleiter der Bank Skrupel.

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