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Wirtschaft: Herzklappe gegen Fernreise

Schon 1994 sorgte ein Bestechungsskandal für Aufsehen

Korruption im Gesundheitswesen beschäftigt die Justiz nicht zum ersten Mal. Der letzte große Fall machte 1994 als so genannte HerzklappenAffäre Schlagzeilen: Damals hatten Hersteller künstlicher Herzklappen und anderer medizinisch-technischer Produkte Personal in Krankenhäusern bestochen. Die Chirurgen hatten die überteuerten Klappen eines Herstellers eingepflanzt und sich dafür von den Unternehmen üppig beschenken lassen. Der Skandal zog immer weitere Kreise – in mehr als 1700 Fällen ermittelten Staatsanwälte gegen Ärzte und Firmenvertreter. Der damalige Präsident der Berliner Ärztekammer, Ellis Huber, rechnete sogar damit, dass sich die Bestechungsaffäre auch auf andere Bereiche wie Antibiotika, Krebsmedikamente oder Prothesen ausweiten würde.

Die Affäre erschütterte die Republik – es folgten Razzien in Wohnungen und Büros von Unternehmen und Medizinern. Auch die Arzneimittelbranche geriet ins Visier der Fahnder. Der Vorwurf: Die Vertreter hätten Provisionen ausgehandelt, die in die Taschen der Ärzte geflossen sein sollen – zum Schaden der Beitragszahler.

Zahlreiche Herzklappen-Angeklagte kamen vor Gericht. Bewährungs- und Geldstrafen oder Bußgelder waren die häufigsten Urteile. Acht von zehn Bestechern wurden so verurteilt. Von den Verfahren gegen Bestochene dagegen wurden 80 Prozent eingestellt. Kam es doch zu einem Urteil, verhängten die Gerichte meist nur Geld- und Bewährungsstrafen. Der Grund: Die Mediziner hatten meist keine direkten Geldgeschenke angenommen, sondern meist nur kostspielige Weiterbildungen, gern auch in Übersee.

Krankenkassen und Hersteller zogen Konsequenzen aus dem Skandal: Seit 1997 gilt ein Verhaltenskodex, der illegale Geschäfte und Korruption zwischen Industrie, Krankenhäusern und Ärzten verhindern soll. Speziell der Umgang mit Spenden, Forschungsmitteln und Aufwandsentschädigungen für Ärzte und Forscher sollte darin geregelt werden. Beobachter halten den Kodex indes für wenig wirkungsvoll. Noch immer spendieren Pharmafirmen Medizinern großzügige Fortbildungsreisen ins Ausland oder laden sie zu Vergnügungstrips ein – völlig unverbindlich natürlich. nh

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