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Wirtschaft: Heuschrecken wollen Deutschland verlassen Finanzinvestoren fühlen sich verunglimpft

Berlin - Die als Heuschrecken verschrienen Finanzinvestoren drohen mit ihrer Abwanderung aus Deutschland. Der Branchenverband BVK präsentierte am Freitag eine Umfrage, wonach knapp die Hälfte seiner 185 Mitglieder über eine Verlagerung ihrer Fonds und Managementgesellschaften ins Ausland nachdenkt.

Berlin - Die als Heuschrecken verschrienen Finanzinvestoren drohen mit ihrer Abwanderung aus Deutschland. Der Branchenverband BVK präsentierte am Freitag eine Umfrage, wonach knapp die Hälfte seiner 185 Mitglieder über eine Verlagerung ihrer Fonds und Managementgesellschaften ins Ausland nachdenkt. Grund seien drohende steuerliche Verschlechterungen im Rahmen der geplanten Unternehmensteuerreform und des Gesetzes für Beteiligungsunternehmen (Private-Equity-Gesetz). Das Bundesfinanzministerium wies die Kritik zurück. Es verschlechtert sich für niemanden irgendetwas, sagte eine Sprecherin.

Wenn das Gesetz nicht mindestens den Status quo festschreibt, werden 50 Prozent der Unternehmen ihren Sitz ins Ausland verlagern, sagte der neue Vorstandschef des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), Rolf Dienst. Das ist einfacher möglich, als die Politiker glauben. Als Folge würden vor allem kleinere regionale Investments verloren gehen, sagte Dienst. Es würde dann zwar immer noch in Deutschland investiert, aber es gäbe keine Kontrollmöglichkeiten mehr.

Als deutliches Zeichen für die Verunsicherung führt der Verband die Branchenzahlen aus dem ersten Quartal 2007 an: Mit 516 Millionen Euro seien nur etwa halb so viel Mittel bei Investoren eingesammelt worden wie im Vorquartal allerdings nur unwesentlich mehr als im ersten Quartal 2006 (553 Millionen Euro).

Die Finanzinvestoren sehen sich durch die politische Debatte verunglimpft. Seit Franz Müntefering (SPD) die Finanzinvestoren im Wahlkampf 2005 mit Heuschrecken verglichen habe, die über gesunde Unternehmen herfielen, werde die ganze Branche in Politik und Medien schlechtgemacht. Selbst Wagniskapitalgeber für junge Unternehmen würden ans Kreuz genagelt, sagte der stellvertretende BVK-Vorsitzende Jens Reidel. Auch ausländische Investoren verstehen das nicht mehr.

Die deutsche Private-Equity-Branche verwaltet nach Verbandsangaben rund 18,5 Milliarden Euro. Das Geld stammt von Banken, Versicherungen oder Pensionsfonds. Die größeren Gesellschaften setzen es ein, um sich in Unternehmen einzukaufen und ihre Anteile später mit Gewinn weiter zu verkaufen. Es gibt aber auch kleine Wagniskapitalgeber, die jungen Unternehmen Startkapital zur Verfügung stellen. Die größten Vertreter der Branche, die sich neuerdings auch in große Dax-Unternehmen einkaufen, sitzen allesamt im Ausland und sind oft nicht im BVK vertreten.

Der Verband fordert von der Regierung eine Klarstellung, dass die Erträge aus Kapitalbeteiligungen nur beim Anleger und nicht bei der Fondsgesellschaft versteuert werden. Zudem sollten Verlustvorträge gerade bei jungen Unternehmen auch bei einem Wechsel des Hauptgesellschafters erhalten bleiben, so dass Verluste aus vergangenen Jahren weiter steuerlich geltend gemacht werden können.

Die Forderungen betreffen die geplante Unternehmensteuerreform und das Gesetz für Beteiligungsgesellschaften, beides will die Bundesregierung zeitgleich zum 1. Januar 2008 einführen. Es wird für niemanden eine Verschärfung der Gesetze geben, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums dem Tagesspiegel. Wagniskapital für junge Unternehmen solle sogar steuerlich besser gestellt werden. Nach Angaben aus Regierungskreisen soll auch im Gesetz für die Unternehmensteuerreform eine Ausnahmeregelung für die Verlustvorträge von Wagniskapitalgesellschaften vorgesehen sein. Stefan Kaiser

Stefan Kaiser

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