zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Hexensabbat an der Börse

Frankfurt (Main) / Berlin (dr/mo). An den deutschen Aktienmärkten ging es am Freitag turbulent zu.

Frankfurt (Main) / Berlin (dr/mo). An den deutschen Aktienmärkten ging es am Freitag turbulent zu. Grund dafür war das dreifache Verfallsdatum von Termingeschäften (Hexensabbat, siehe Lexikon Seite 16). Die Teilnehmer waren sehr nervös, die Kurse schwankten in großen Bandbreiten. Nach zunächst schwacher Eröffnung und Verlusten des Dax von mehr als zwei Prozent ging es zunächst wieder aufwärts, bevor die Standardaktien zum Handelsschluss wieder ins Minus drehten. Das Standard-Kursbarometer schloss bei 4232,40 Punkten, das war ein Minus von 0,31 Prozent. Der M-Dax der 70 mittelgroßen Werte verlor 1,33 Prozent auf 3913,84 Punkte. Auch am Neuen Markt gab es wieder Verluste: Der Nemax 50 sank um 2,33 Prozent auf 624,24 Punkte.

Was sich schon am Vorabend angekündigt hatte, setzte sich am Freitag fort. „Die Anleger haben Angst“, sagte ein Marktteilnehmer. „Die Kursbewegungen sollte man nicht überbewerten“, befand ein Frankfurter Händler. Erst am Montag dürfte sich die eigentliche Tendenz am Markt herauskristallisieren. Ein Grund für die zeitweilige Erholung war der deutlich steigende Future in den USA, der eine festere Eröffnung der New Yorker Börse Wall Street signalisierte. Zu den Käufern gehörten auch Inhaber von Put Optionen. Sie haben ihre Aktien leer verkauft, also ohne sie zu besitzen, und spekulieren darauf, sich bis zum Erfüllungstermin zu günstigeren Preisen eindecken zu können.

Weniger Einfluss auf die Kurse soll die Neugewichtung innerhalb der Indizes (Dax, Nemax und M-Dax) gehabt haben, die am Montag vorgenommen wird. Die Investmentfonds sollen schon im Vorfeld reagiert haben, hieß es auf dem Parkett. Eine endgültige Neuordnung ihrer Portefeuilles können die Investoren sowieso erst am Montag vornehmen. Die Deutsche Börse hat bisher nur die vorläufigen Zahlen für die Gewichtung veröffentlicht, die Festlegung erfolgt erst anhand der Schlusskurse vom Freitag.

Im Einzelnen setzten die Papiere der Deutschen Telekom ihre Talfahrt fort und verloren erneut mehr als drei Prozent auf 9,05 Euro. Zwischenzeitlich war die T-Aktie auf ein Allzeittief von 8,93 Euro gesackt. Finanzminister Hans Eichel (SPD) erklärte, er halte dennoch an Telekom-Chef Ron Sommer fest. Auch Autowerte standen unter Druck: Volkswagen sanken um 3,35 Prozent auf 47,60 Euro. BMW gaben 4,43 Prozent nach auf 38,18 Euro. Daimler-Chrysler verbilligten sich um 1,68 Prozent auf 44,69 Euro. Händler verwiesen auf den starken Euro. „Die Ergebnisse von Autoherstellern sind stark vom Export beeinflusst – ein starker Euro erschwert den Export“, sagte Analyst Georg Stürzer von der Hypo–Vereinsbank.

Der Euro ist am Freitag erneut gestiegen. Die Europäische Zentralbank legte den Referenzkurs mit 0,9636 Dollar nach 0,9592 Dollar am Vortag fest. Im Handel kletterte er danach sogar über 0,97 Dollar. Zuletzt war der Euro im Juli 2000 so stark. Händler erklärten dies mit der Schwäche der US-Märkte und der Sorge vor neuen Anschlägen in den USA.

Vor allem das wachsende US-Leistungsbilanzdefizit ist eine Erklärung für das gestiegene Interesse am Euro. Im ersten Quartal wurde mit 112,5 Milliarden Dollar ein neuer Rekord verzeichnet. Im höheren Leistungsbilanzdefizit kommt zum Ausdruck, dass die Amerikaner zunehmend auf ausländisches Kapital angewiesen sind. Denn die Leistungsbilanz ist das Spiegelbild der Kapitalverkehrsbilanz. Seit langem benötigt die US-Volkswirtschaft Geld aus dem Ausland, um den starken inländischen Konsum zu finanzieren. Auch die Expansion der vergangenen Jahre wurde sozusagen auf Pump finanziert.

Für Thomas Mayer, Europa-Volkswirt von Goldman Sachs in Frankfurt(Main), ist die aktuelle Dollarschwäche weniger Ausdruck konjunktureller Probleme. Vielmehr seien die Investoren stark verunsichert. „Weltweit wird nach Anlagemöglichkeiten mit geringerem Risiko gesucht.“ Der Trend gehe weg von US-Aktien, hin zu Anleihen aus dem Euro-Raum. Der Trend zum Euro könne allerdings die Wachstumsaussichten beeinträchtigen, ein stärkerer Euro verringert die Exportchancen der Europäer. Dies könne mit der Zeit zu einer Trendumkehr führen.

Die Volkswirte der Commerzbank sprechen denn auch von einer Dollarschwäche. Dabei achteten die Investoren mittlerweile nur auf die schlechten Daten. Gute Indikatoren würden nicht wahrgenommen. Nach einem Wachstum von 5,6 Prozent im ersten Quartal, wird für das zweite mit einem Plus von knapp drei Prozent gerechnet.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false