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Wirtschaft: Himmel oder Hölle

Im Job Konkurrenten und privat Freunde – so kann das gehen.

Am Anfang gehen die Kollegen nur gemeinsam in die Mittagspause. Doch weil es immer viel zu lachen gibt, treffen sie sich eine Tages auch privat. Weitere Verabredungen folgen. Und irgendwann stellen die Arbeitskollegen plötzlich fest: Wir sind Freunde geworden. So oder ähnlich geht es vielen Arbeitnehmern. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts BVA für die Personalberatung Rundstedt HR Partners trifft jeder Dritte (39 Prozent) Kollegen auch in der Freizeit. Doch die Vermischung von Berufs- und Privatleben ist nicht immer unproblematisch.

„Ähnlich wie bei Beziehungen am Arbeitsplatz können Freundschaften der Himmel und die Hölle sein“, sagt die Münchner Karriereberaterin Madeleine Leitner. Denn Beruf und Freundschaft funktionieren nach unterschiedlichen Regeln. „Im Job geht es um Leistung, um Konkurrenz. Freundschaften haben eher selten einen Reibungscharakter“, erklärt die Berliner Psychologin Lisa Zimmermann. Problematisch wird das immer dann, wenn der befreundete Kollege im Job einen Fehler macht. „Die Gefahr besteht, dass das Kollegenverhältnis einen Kuschelkurs nimmt“, sagt Zimmermann.

Professionell wäre in so einer Situation, Kritik zu üben. Aus Rücksicht schweigen jedoch viele. Der Grund: In freundschaftlichen Verhältnissen würden wesentlich mehr Zugeständnisse gemacht, die „Beißhemmung“ sei stärker ausgeprägt. Im Büro wirkt das jedoch nicht sonderlich professionell. Im Gegenteil: Bei den restlichen Kollegen regt sich bei parteiischem Verhalten schnell Unmut. Um diesen Konflikt zu umgehen, rät der Karriereberater Theo Bergauer, diese Gefahren früh zu thematisieren. Er empfiehlt, von Anfang an eine klare Trennung von Beruf und Freundschaft zu vereinbaren.

Schwierig kann es allerdings nicht nur im Umgang mit dem befreundeten Kollegen werden, sondern auch mit den übrigen Mitarbeitern. Das ist etwa der Fall, wenn man Dinge erfährt, die nicht für die Ohren des Freundes bestimmt sind. Grundsätzlich rät Zimmermann den Kollegen gegenüber zu Offenheit. „Wenn in der Kantine über meine befreundete Kollegin gesprochen wird, kann ich ruhig sagen, dass ich mit ihr befreundet bin und daher das Gespräch abbrechen möchte“, sagt sie. Denn verheimliche man die Freundschaft, bringe das unwissende Kollegen schnell in peinliche Situationen. Die Offenheit habe aber auch ihre Grenzen.

Theo Bergauer gibt zu bedenken: „Man muss ja nicht an die große Glocke hängen, dass man auch die Wochenenden miteinander verbringt oder sogar gemeinsam in Urlaub fährt.“ Die privaten Details gehörten nicht an den Arbeitsplatz. Umschifft man solche Konflikte, sieht Bergauer in Freundschaften unter Kollegen jedoch eine enorme Chance. „So kann der Kollege möglicherweise zu meinem eigenen Coach werden, weil er mich kritisch als Kollegen, aber auch wohlwollend als Freund sieht“, sagt er. Ratschläge oder auch Kritik dürften dann ruhig mal im privaten Rahmen geäußert werden. „Aber auch da sollte man vorher eine klare Absprache treffen“, fügt Lisa Zimmermann hinzu.

Selbst Arbeitgeber hätten die positive Wirkung von freundschaftlichen Beziehungen im Job inzwischen erkannt. „Deswegen werden ja Firmenläufe und ähnlich Aktivitäten angeboten und gefördert“, sagt Bergauer. Wer sich bei der Arbeit wohlfühle, sei in der Regel auch leistungsbereiter. dpa

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