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US-Börse. Hier entfallen 70 Prozent der Geschäfte auf den Hochfrequenzhandel.

© REUTERS

Hochfrequenzhandel: Die Turbokapitalisten erobern die Börse

Hochfrequenzhändler stehen im Verdacht, den Markt zu manipulieren. Sie kämpfen gegen ihr Zockerimage - und halten wenig von Regulierung.

Bei der Deutschen Börse winkt man ab: Nein, Kontakt zu Hochfrequenzhändlern könne man nicht herstellen. Auch Banker und Aktienhändler an der Frankfurter Börse wollen keinen dieser „Trader“ kennen. „Dabei gibt es auch in Frankfurt bei den Banken und anderen Finanzdienstleistern hunderte solcher Händler.“ Mark Spanbroek muss es wissen. Der Niederländer ist Vorsitzender der Vereinigung der Europäischen Hochfrequenzhändler, der European Principal Traders Association (EPTA). Er hat jahrelang selbstständig als Hochfrequenzhändler gearbeitet.

Spanbroek weiß um den eher zweifelhaften Ruf seines Berufsstandes. Das seien gar keine richtigen Börsianer, sondern Mathematiker, Physiker oder Programmierer, sagen Aktienhändler mit abfälligem Unterton. „Da kann ich gleich ins Casino gehen“, sagt ein Börsianer. In den USA entfallen bereits 70 Prozent der Börsengeschäfte auf den Hochfrequenzhandel, in Frankfurt bis zu 50 Prozent.

Hochfrequenzhändler stehen im Verdacht, den Markt zu manipulieren. Erst erteilen sie viele Kauf- oder Verkaufsaufträge. Die meisten ziehen sie aber in Sekundenbruchteilen zurück. Das reicht, um Anhaltspunkte zu gewinnen, wie hoch Angebot und Nachfrage sind und in welche Richtung sich der Kurs vermutlich bewegt. Dieses Wissen nutzen sie aus, indem sie billig einkaufen und teuer verkaufen – oder umgekehrt. „Typische Hochfrequenzhändler verhindern insbesondere im Aktienhandel einen für alle Marktteilnehmer fairen Handel“, heißt es beim Fondsverband BVI.

Der schnelle Computerhandel ist auch der Politik ein Dorn im Auge. Elke König, Präsidentin der Bankenaufsicht Bafin, spricht von einem Gefahrenherd. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat dafür gesorgt, dass Deutschland das Tempo an den Börsen drosselt. Seit Mitte Mai gilt ein Gesetz. Auch Frankreich hat reagiert. Nationale Alleingänge, sagen Experten allerdings, bringen wenig. Auch deshalb hat sich die EU der Sache angenommen. Mit Ergebnissen ist erst 2015 zu rechnen.

„Wir müssen besser erklären, was wir machen“, sagt Spanbroek. Hochfrequenzhändler sei eine missverständliche Bezeichnung. „Es geht um automatisierten Handel und Handel nach Algorithmen.“ Die Händler schreiben oder lassen Computerprogramme schreiben. Die kaufen oder verkaufen Papiere automatisch. Allerdings geht es nicht ganz ohne den Menschen. Auch die schnellen Händler sitzen an ihren Bildschirmen. Sie schauen weniger auf die Kurse als auf Nachrichten und Unternehmenszahlen, die den Markt bewegen. Und passen ihre Programme entsprechend an, mitunter binnen Sekunden. „Das funktioniert wie ein Autopilot im Flugzeug. Die Piloten schauen ständig auf den Kurs und greifen korrigierend ein, wenn es etwa das Wetter erfordert.“ Aber die Schnelligkeit ist entscheidend. „Früher dauerte es 19 Minuten, um eine Wertpapierorder von der Börse in New York an die Börse nach Philadelphia zu schicken, und 19 Minuten, um diese Order zu bestätigen. Heute machen wir das in Millisekunden“, sagt Spanbroek.

Hochfrequenzhändler arbeiteten nicht mit Geld von Kunden, sondern auf eigene Rechnung. Dem Steuerzahler liege man nicht auf der Tasche – anders als manche Großbank. Er und seine Kollegen seien auch keine Zocker – im Gegenteil. „Wir helfen mit, dass die Liquidität am Markt steigt und es letztlich faire und günstigere Preise gibt.“ Ohne seine Sparte, betont der Niederländer, wären Aktiengeschäfte teurer. Regulierung ist für Spanbroek kein rotes Tuch. „Wir waren immer dafür.“ Missbrauch müsse bestraft werden. „Uns deshalb wie eine Bank oder einen Pensionsfonds zu regulieren, geht aber viel zu weit“, warnt Spanbroek.

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