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Wirtschaft: Hochtief stellt in Deutschland wieder ein

Baukonzern erwartet nach Jahren der Krise anziehendes Geschäft / Ausbau der Dienstleistungssparte geplant

Berlin (msh). Der größte deutsche Baukonzern Hochtief hat das vergangene Geschäftsjahr mit einem Rekordauftragsbestand abgeschlossen und will in Deutschland nach Jahren des Stellenabbaus wieder neue Jobs schaffen. „Wir bauen in Deutschland wieder vorsichtig Arbeitsplätze auf“, sagte HochtiefChef Hans-Peter Keitel am Montag bei Vorlage der Bilanz. Der Auftragsbestand sei in den ersten beiden Monaten des Jahres deutlich gestiegen. Allerdings werden die meisten Arbeitsplätze nicht im klassischen Baubereich entstehen, sondern in den Dienstleistungssparten des Baukonzerns.

Die deutsche Baubranche steckt seit Mitte der 90er-Jahre in einer tiefen Krise, als der Bauboom infolge der Wiedervereinigung endete. Hochtief reagierte in den Folgejahren mit einer radikalen Umstrukturierung des Konzerns. In den vergangenen fünf Jahren hat Hochtief die Zahl seiner Mitarbeiter von 14 000 auf rund 7800 im Inland reduziert. Parallel dazu verstärkte Hochtief-Chef Keitel das Baugeschäft im Ausland und baute mit der Dienstleistungssparte ein neues Geschäftsfeld auf, das höheres Wachstum als die reine Bauausführung verspricht.

Inzwischen macht Hochtief 31 Prozent seines Umsatzes mit Dienstleistungen wie dem Gebäudemanagement oder der Projektentwicklung. „Dienstleistungen stehen für langfristige Verträge und stabile Renditen“, sagte Keitel. In den kommenden drei Jahren wolle er den Dienstleistungsanteil auf 50 Prozent steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, seien „weitere bedeutende Akquisitionen“ möglich, sagte Keitel. Hochtief hatte Ende 2003 das Gebäudemanagement des Elektrokonzerns Siemens übernommen. Branchenexperten gehen davon aus, dass der Baukonzern am Gebäudemanagement der Lufthansa interessiert ist. Bereits im Januar hatte der Baukonzern mit der Fluggesellschaft angekündigt und eine Übernahme nicht ausgeschlossen. Als Kandidaten nannte Keitel das Gebäudemanagement von Jenoptik.

Zum Ende des Geschäftsjahres 2003 steigerte Hochtief seinen Auftragsbestand um 17 Prozent auf 16,5 Milliarden Euro. Wegen des schwachen Dollars sank dagegen der Umsatz um zwölf Prozent auf 10,5 Milliarden Euro. Hochtief ist inzwischen ein weltweit agierender Konzern, der inzwischen nur noch rund ein Fünftel seiner Bauleistung in Deutschland erbringt und hier etwa ein Drittel seiner Mitarbeiter beschäftigt. Der Nettogewinn von Hochtief sank 2003 wegen einer höheren Steuerbelastung auf 16 Millionen Euro nach 43 Millionen Euro im Vorjahr. Im laufenden Jahr will Hochtief den Gewinn steigern, eine exakte Prognose machte Keitel aber nicht.

Nach dem Ausstieg von RWE als Großaktionär vor wenigen Wochen sieht Keitel für das Management mehr „unternehmerische Handlungsspielräume“. An der Strategie des Konzerns werde sich aber nichts ändern, betonte er. Der Energieversorger RWE hatte einen Anteil von 56 Prozent an rund 300 institutionelle Investoren verkauft und hält jetzt noch neun Prozent an Hochtief. Der Großteil der Aktien ging nach Angaben Keitels an britische Investoren. Zwar gewinne der Vorstand durch den Verkauf an Flexibilität, der Konzern stehe aber durch den deutlich höheren Streubesitz der Aktien stärker im Blickfeld der Finanzmärkte.

„Ohne Großaktionär im Rücken wird das Management nur noch an den Zahlen gemessen“, sagte Jens Jung, Bauexperte bei Independent Research. Mit der neuen Aktionärsstruktur werde das Hochtief-Papier anfälliger für Kursschwankungen, weil die Investoren jederzeit Aktien verkaufen könnten. Auf der anderen Seite steige die Attraktivität der Aktie, weil deren Gewichtung im M-Dax wegen des höheren Streubesitzes zunehme. Nach Angaben der ING BHF Bank steigt Hochtief vom 30. Platz um 20 Plätze nach oben.

Am Montag verlor die Aktie von Hochtief in einem schwachen Markt 2,6 Prozent auf 22,78 Euro.

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