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Wirtschaft: Höhenflug des Euro gefährdet deutsche Exporte

Maschinenbau sieht Wechselkurs von 1,10 Dollar als Schmerzgrenze – diese Marke könnte schon bald erreicht sein

Berlin (brö/ro/pbs/HB). Der Höhenflug des Euro wird zum Risiko für die deutschen Exporte. Steigt der Wechselkurs der europäischen Währung weiter an, könnte dies hier zu Lande hergestellte Produkte verteuern, fürchten Fachleute. Zum Jahresende kostete ein Euro bereits 1,05 Dollar. Eine auf Dauer starke Währung würde die deutsche Konjunktur weiter schwächen. Derzeit sorgt allein der Export dafür, dass die Wirtschaft nicht schrumpft.

Unter dem Eindruck eines möglichen IrakKriegs, zunehmender Spannungen mit Nordkorea und der schwachen US-Konjunktur notierte der Euro zum Jahresende zeitweise knapp über 1,05 Dollar. Das sind fast 17 Cent mehr als vor einem Jahr. Die Europäische Zentralbank legte den Referenzkurs am Dienstag auf 1,0487 Dollar fest. Im New Yorker Handel war der Euro später zeitweise auf 1,053 Dollar gestiegen. Das schwächer als erwartet ausgefallene Verbrauchervertrauen in den USA dürfte in den kommenden Tagen zu einer weiteren Euro-Aufwertung führen. Der Index für das Verbrauchervertrauen war im Dezember überraschend auf 80,3 Punkte gefallen, nach 84,9 Punkten im November. Es war das sechste Mal in sieben Monaten, dass der vom Forschungsinstitut Conference Board ermittelte Stimmungswert fiel.

Wirtschaftsverbände und Volkswirte warnen vor den Folgen eines weiter steigenden Euro-Wechselkurses. „Langsam erreichen wir die Schmerzgrenze“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser. Dies erschwere die Geschäfte im Dollar-Raum. Der exportlastige Maschinenbau, der zwei Drittel seiner Produktion im Ausland verkauft, ist besorgt. „Ab einem Kurs von 1,10 Dollar und mehr ist der starke Euro ein Problem“, sagte Diether Klingelnberg, Präsident des Branchenverbandes VDMA, dem Tagesspiegel. Bislang erwarten die Forschungsinstitute 2003 ein Wirtschaftswachstum von rund einem Prozent. Dabei hatten sie allerdings einen Kurs von 1,05 Dollar für einen Euro angenommen.

2002 exportierte Deutschland Waren im Wert von 647 Milliarden Euro. Damit ist das Land der zweitgrößte Exporteur der Welt hinter den USA und vor Japan. Den Ausfuhren ist auch fast allein das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von vermutlich 0,2 Prozent im vergangenen Jahr zu verdanken. Ulrich Hombrecher, Chefvolkswirt der West LB, schätzt, dass drei Viertel der zusätzlichen Wirtschaftsleistung auf das Konto des Außenhandels gehen. Vor allem deutsche Autos sind weltweit gefragt. In den vergangenen zwölf Monaten wurden 70 Prozent aller hier zu Lande produzierten Pkw ins Ausland verkauft, das bedeutete Einnahmen von mehr als 120 Milliarden Euro für die Hersteller. Hinter der Autobranche sind der Maschinenbau und die Chemie die größten Exporteure. Bis sich die Schwankungen des Wechselkurses bei den Unternehmen bemerkbar machen, dürfte es allerdings einige Monate dauern, sagt Dirk Schumacher von der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs.

Auch 2003 ruhen alle Hoffnungen wieder auf dem Export. Hombrecher gefällt diese Entwicklung nicht. „Wir werden immer abhängiger von der Weltwirtschaft.“ Von den übrigen Sparten ist kaum ein spürbares Wachstum zu erwarten. Auf den Konsum zählen die Ökonomen 2003 nicht mehr. „Die Binnennachfrage fällt aus“, warnt Ulrich Kater, Leiter der Volkswirtschaft bei der DekaBank. Schuld daran seien die höheren Steuern und Abgaben ab Jahresanfang.

Weitere Risiken für den Export sind der steigende Ölpreis und die Entwicklung der US-Konjunktur. Das Rohöl kostet an den Märkten derzeit bis zu 31 Dollar, allerdings mit leicht fallender Tendenz. Ein Krieg am Persischen Golf könnte diesen Trend allerdings wieder umkehren. Sollte die Auseinandersetzung länger dauern, fürchtet WestLB-Chefökonom Hombrecher böse Folgen. „Dann können wir die Weltwirtschaft abschreiben“, sagt er.

Ob die USA die deutschen Exporte 2003 beflügeln können, ist unklar. „2003 wird für die US-Wirtschaft das Jahr einer schläfrigen Erholung,“ prognostiziert David Rosenberg, US-Chefökonom von Merrill Lynch. Verglichen mit dem abgelaufenen Jahr werde sich die Situation nur marginal verbessern. Neben den Verbrauchern hatten auch die Einkaufsmanager zuletzt Pessimismus verbreitet. Zudem bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt schwierig: Die Arbeitslosenrate hat zum Jahreswechsel mit sechs Prozent den höchsten Stand seit acht Jahren erreicht.

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