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Wirtschaft: Höhere Energiekosten machen Bahnfahren teurer

Konzern: Sonderaktionen wird es aber weiterhin geben/Neue Angebote für Jugendliche und in den Ländern

Berlin - Die Bahn hat beschlossen, im kommenden Dezember erneut die Preise anzuheben – und ist damit bei den meisten Verbänden auf Kritik gestoßen. Betroffen werden davon sowohl Kunden im Nah- als auch im Fernverkehr sein. Im Schnitt geht es um eine Anhebung von 2,9 Prozent (siehe Kasten). Allerdings kündigte ein Bahnsprecher an, dass es weiterhin Sonderpreisaktionen geben solle. Außerdem führt die Bahn gleichzeitig eine Reihe neuer Angebote in den Ländern und eine Bahncard für Jugendliche ein.

In Berlin-Brandenburg gibt es künftig ein „Länderticket Nacht“, das für fünf Personen von 19 Uhr bis sechs Uhr am folgenden Morgen gilt und 18 Euro kostet. Zielgruppe sollen etwa Diskobesucher sein. Dafür erntete die Bahn wiederum Lob von den Verbänden.

Erst im vergangenen Dezember hatte die Bahn ihre Preise in der 2. Klasse des Fernverkehrs im Schnitt um 3,1 Prozent angehoben, im Nahverkehr gar um 3,9 Prozent. Schon damals begründete die Bahn den Schritt mit sprunghaft gestiegenen Energiekosten und gesunkenen Zuschüssen der Länder im Nahverkehr. Die gleichen Gründe führte der Konzern auch diesmal an – und verwies auf die Preiserhöhungen in den großen Verkehrsverbünden, die im Schnitt deutlich höher als drei Prozent ausgefallen waren.

Ein Bahnsprecher sagte dem Tagesspiegel, allein zwischen Juli 2004 und Juli 2005 seien die Strompreise um 32 Prozent gestiegen. „Und wir sind vom Marktpreis nicht abgekoppelt“, sagte der Sprecher. Der Konzern, der etwa so viel Energie verbrauche wie ganz Berlin und sein Umland, habe zwar langfristige Verträge. Nur etwa zehn Prozent des Strombedarfs würden aus bahneigenen Kraftwerken gedeckt. Doch zum einen müssten größere Nachfrageschwankungen durch kurzfristige Zukäufe ausgeglichen werden, zum anderen gebe es in den länger laufenden Verträgen Anpassungen an die Preisentwicklung.

Gunnar Meyer, Sprecher für den Personenverkehr der Bahn, sagte dem Tagesspiegel, die Bahn werde auch nach der neuen Preisrunde günstiger als das Auto sein. Eine mögliche Mehrwertsteuererhöhung, die von der Union im Falle einer Regierungsübernahme geplant ist, sei nicht mit einkalkuliert worden. Diese würde dann zusätzlich gezahlt werden müssen. „Aber das trifft schließlich alle Anbieter“, sagte Meyer. Von einer höheren Mehrwertsteuer ausgenommen wären allerdings Nahverkehrsverbindungen bis 50 Kilometer, auf die nur der ermäßigte Satz fällig wird. Der soll laut Union unangetastet bleiben.

Der Verkehrsexperte der Grünen, Albert Schmidt, kritisierte die Bahn. „Der Schritt ist ungeschickt, wenn nicht gar kontraproduktiv“, sagte Schmidt dem Tagesspiegel. Der Spritverbrauch in Deutschland sei wegen der hohen Benzinpreise rückläufig. „In so einem Moment die Preise zu erhöhen, bedeutet für die Bahn, den eigenen Preisvorteil zumindest psychologisch zu konterkarieren. Das ist eine verschenkte Chance“, sagte Schmidt. Der Erfolg der Billigaktionen habe gezeigt, dass die Leute Bahn fahren wollen, wenn der Preis attraktiv ist. Außerdem sei der Personenverkehr insgesamt eine Gewinnsparte der Bahn. Ein Sprecher der Verkehrsgewerkschaft Transnet sagte dem Tagesspiegel dagegen: „Jeder Verbraucher hat die gestiegenen Energiekosten in den vergangenen Monaten selber gemerkt.“ Deshalb sei der Schritt der Bahn durchaus nachvollziehbar. Allerdings sei es aktuell „vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt“. Schließlich sei er angesichts der bevorstehenden Neuwahlen nicht unbedingt taktisch klug gewählt worden. Denn die Preiserhöhungen der Bahn seien natürlich „Wasser auf die Mühlen der notorischen Bahnkritiker“.

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