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Wirtschaft: Hoffnung für Samsung schwindet

Konzern lehnt Konzept des Betriebsrats ab / JVC droht ebenfalls das Aus

Berlin - Das Überleben des Berliner Samsung-Bildröhrenwerkes wird immer unwahrscheinlicher. Die Geschäftsführung steht dem Rettungskonzept von Betriebsrat und IG Metall zur Fortführung der Produktion skeptisch gegenüber. „Wir sehen sämtliche Vorschläge sehr kritisch“, sagte ein Unternehmenssprecher dem Tagesspiegel. Ähnliche Pläne wie die von Betriebsrat und IG Metall habe die Konzernführung bereits selbst erwogen. „Das rechnet sich aber nicht“, sagte der Sprecher.

Betriebsrat und Gewerkschaft hatten der Geschäftsleitung ein Fortführungskonzept vorgestellt, um die zum Jahresende geplante Schließung der Fabrik in Berlin-Oberschöneweide doch noch abzuwenden. Demnach hätte sich der Standort vorerst weiter auf die Produktion klassischer Bildröhren konzentrieren sollen. Zur Begründung hieß es, dass die Nachfrage nach Bildröhren trotz der Konkurrenz durch Plasma- und LCD-Bildschirme wieder zunehme. Darüber hinaus plädierten die Arbeitnehmervertreter für die Aufnahme einer neuen Produktionsreihe für extraflache Kathodenstrahlröhren, so genannte Slim-Röhren. Damit sollte das Werk in drei bis fünf Jahren wieder schwarze Zahlen schreiben und ein Großteil der 750 Mitarbeiter weiter beschäftigt werden.

Laut dem Betriebsrates würde die Umrüstung auf Slim-Röhren maximal fünf Millionen Euro kosten und wäre damit ungleich billiger als der Aufbau einer Produktionsstrecke für Plasma-Bildschirme, den die Unternehmensleitung selbst auf 500 Millionen Euro beziffert habe.

Doch Samsung zieht offenbar keine der beiden Varianten in Betracht. Am Dienstagabend haben sich Geschäftsführung und Arbeitnehmervertreter zu einer neuen Verhandlungsrunde getroffen. Konkrete Ergebnisse gab es jedoch noch nicht. „Es gab kein einvernehmliches Ergebnis und es wird weitere Gespräche geben“, hieß es bei der Geschäftsführung nach dem Treffen. Betriebsratschef Wolfgang Kibbel sagte : „Die Gespräche waren konstruktiv. Vermutlich gibt es kommende Woche neue Gespräche“.

Vor diesen Gesprächen hatte die Geschäftsführung sich jedoch pessimistisch geäußert. „Die Option Slim-Röhren trägt nicht dazu bei, Marktanteile zu sichern“, sagte der Unternehmenssprecher. Vielmehr würde der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten in Berlin einen „Kannibalismus-Effekt“ für andere Werke bedeuten. Und „auf vage Annahmen zur Nachfrage kann man sich dabei nicht stützen“.

Nun will der koreanische Mutterkonzern das Konzept von IG Metall und Betriebsrat zwar noch prüfen. Doch ändern dürfte dies nicht viel. „Wir sehen keine Chance für eine weitere Produktion in Oberschöneweide“, sagte der Sprecher.

Neben der Umrüstung verhandeln die beiden Parteien auch über einen Sozialplan. Die Arbeitnehmer fordern Leistungen im Gesamtwert von rund 100 Millionen Euro, die Geschäftsleitung hat bisher nur 20 Millionen geboten. Diese Offerte hält der Betriebsrat für völlig unrealistisch, zumal viele Mitarbeiter mehr als 20 Jahre in dem Werk arbeiteten und deshalb hohe Abfindungsansprüche hätten.

Sicher scheint hingegen, dass Samsung den riesigen Gebäudekomplex im Südosten Berlins behalten und rund 50 Mitarbeiter in der Forschung weiter beschäftigen wird. Sie sollen so genannte „Organische LED-Schirme“ entwickeln, die als Nachfolgegeneration der heutigen Flachbildschirme gelten und voraussichtlich in etwa acht Jahren in Großserie gefertigt werden sollen. Bisher werden lediglich Kleinserien in Asien produziert. Branchenkenner sehen aber kaum Chancen, die Produktion dieser Zukunftstechnik nach Berlin zu holen: „Wenn überhaupt, dann passiert das in Dresden, wo bereits die Chiphersteller produzieren“, sagte ein ehemaliger hochrangiger Samsung-Mitarbeiter dem Tagesspiegel.

Neben den Samsung-Mitarbeitern wehrt sich derzeit auch die Belegschaft des Videogeräte-Herstellers JVC gegen die drohende Schließung des Werks in Berlin-Reinickendorf. So hat der Betriebsrat der Geschäftsführung ein Konzept zum Erhalt des Standortes vorgelegt. Danach könne eine Kamera mittelfristig um 7,50 Euro günstiger als in Malaysia hergestellt werden, sagte ein IG-Metall-Sprecher. Die Berliner Geschäftsführung hält dieses Konzept laut Gewerkschaft für tragfähig . Die Konzernleitung in Japan hält dagegen an ihrem Schließungsbeschluss für das Berliner Werk mit 235 Arbeitsplätzen zum Ende Januar fest. Am Freitag will die JVC-Belegschaft erneut für den Erhalt der Arbeitsplätze demonstrieren.

S.Jacobs, A.Waldermann, F.Wisdorff

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