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Wirtschaft: Hohe Rendite mit dem Knast

Analysten erwarten starkes Wachstum bei privaten Gefängnisbetreibern in den USA / Regierung zahlt 60 Dollar pro Tag und Häftling

Houston - Die Kurse von US-Gefängnisaktien klettern seit Jahren fast unaufhaltsam. Der größte Betreiber von Haftanstalten in den USA ist die Corrections Corp., deren Aktien auch im Frankfurter Open Market gehandelt werden. Seit Anfang Januar hat der Titel mehr als 20 Prozent zugelegt und steht im Moment auf einem Sechsjahreshoch von mehr als 55 Dollar.

Die privaten Knastfirmen bauen und betreiben eigene Gefängnisse und bieten die Haftplätze der US-Regierung und den einzelnen Bundesstaaten an. Auch für Verpflegung, Krankenbehandlung und Ausbildung der Häftlinge sorgen die Unternehmen. „Wir waren vor kurzem mit der Corrections-Geschäftsleitung unterwegs zu Kundenbesuchen, die Nachfrage steigt und steigt“, sagt Jeffrey Kessler, Analyst bei Lehman Brothers. „Der Bedarf übertrifft ganz klar alles, was wir in den vergangenen fünf Jahren gesehen haben.“

Auch wenn es zynisch klingen mag: Für die privaten Gefängnisbetreiber ist die verschärfte Grenzpolitik der Bush-Regierung mit dem Titel „Secure Border Initiative“ ein zusätzlicher Pluspunkt, der ihnen gute Geschäfte verspricht. Denn die USA wollen noch mehr illegale Grenzgänger aufgreifen und einsperren, anstatt sie wie bislang mit einer Verwarnung wieder auf freien Fuß zu setzen. Laut Schätzung der Ratingagentur Standard & Poor’s soll die Zahl der Häftlinge um drei bis fünf Prozent jährlich wachsen. Im vergangenen Jahr saßen insgesamt 600 000 Sträflinge mehr hinter Gittern als zehn Jahre zuvor.

Rund 60 Dollar pro Tag und pro Häftling zahlt die Regierung an Corrections Corp, schätzt Analyst T.C. Robillard von der Bank of America. Die staatlichen Gefängnisse sind bei 95 Prozent ihrer Kapazität angelangt – und der Bau neuer Anlagen ist für den Staat teurer als die Unterbringung bei privaten Firmen. Während der Staat oft nicht bereit sei, in neue Gefängnisse zu investieren, hätten die Haftfirmen ihr Limit noch nicht erreicht, sagt Wayne Willems, Chef der Investmentfirma Brazos Capital Management.

Jeffrey Kessler schätzt, dass die rund 4000 Betten, die bei Corrections zurzeit noch leer stehen, allesamt bis Jahresende vergeben sein werden. „Und in der Kasse ist immer noch Geld für die Einrichtung von 5000 bis 10000 weiteren Plätzen, ohne dass die Geschäftsleitung Firmenkapital verkaufen müsste“, sagt Kessler.

Corrections Corp. erzielte im zweiten Quartal ein Gewinnplus vor Sonderausgaben von mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die beiden größten Konkurrenten, Geo Group aus Florida und das texanische Unternehmen Cornell, verzeichnen ebenfalls stabile Gewinne und kräftig steigende Kurse.

Als Risiko für Corrections sehen viele Beobachter negative Schlagzeilen. Sollten Fälle von schlechter Behandlung der Häftlinge bekannt werden, könnte dies dem Ruf des Unternehmens und auch der Aktie nachhaltig schaden, vermuten Analysten. Zeitungsberichten zufolge hatte etwa die Menschenrechtsorganisation Amnesty International dem Gefängnisbetreiber im Jahr 2000 „Folter und Misshandlung“ vorgeworfen. Die Führungsetage bestritt die Anschuldigungen.

Für die kommenden Quartale erwarten die Analysten Kursziele von bis zu 65 Dollar, was im Vergleich zum aktuellen Wert ein Plus von fast 20 Prozent bedeuten würde. T.C. Robillard von Bank of America ist überzeugt: „Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem, und Corrections ist der größte Nutznießer dieser Entwicklung.“

Anette Kiefer (HB)

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