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Rednertrio. Eric Schweitzer, Guido Westerwelle und Stephan Schwarz. Foto: Davids

© DAVIDS

Wirtschaft: Hoher Besuch

Berliner Kammern ehren 574 neue Meister

Berlin - Es passiert nicht beim ersten Mal und auch nicht beim zweiten. Aber als IHK-Präsident Eric Schweitzer den frischgebackenen Handwerksmeistern zum dritten Mal erzählt, wie geehrt sie sich fühlen dürfen, dass sie auf ihrer Absolventenfeier Besuch von Vizekanzler, Außenminister und „Doktor“ Guido Westerwelle bekommen, macht sich doch etwas Unmut im Saal breit.

„Jetzt ist aber langsam mal genug gehuldigt“, zischt einer der jungen Handwerker, und als der FDP-Politiker kurz danach auf die Bühne klettert, ruft einer der gut 1000 Gäste im Maritim Hotel sogar deutlich vernehmbar „Buh!“.

574 neue Meister ehrten die Berliner Kammern von Industrie- und Handel sowie Handwerk am Sonntag: Fleischer, Metallbauer, Dachdecker, Schornsteinfeger, auch eine Gerüstbauerin war dabei. Westerwelle hielt die Festrede.

Gemessen an den Kammerpräsidenten Stephan Schwarz und Schweitzer wirkt der Minister auf der Bühne erst mal erstaunlich steif. Erklärten die beiden in ihrem gemeinsamen Geleitwort den Zuhörern doch, das „R“ in Meister stehe für „Friede, Freude, Eierkuchen“ und kamen ob so viel Lustigkeit aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Westerwelle weiß aber, wo er das Publikum packen muss. „Wer arbeitet, muss mehr haben als jemand, der nicht arbeitet“, sagt er und bekommt lauten Beifall. „Die Erbschaftsteuer muss korrigiert werden.“ Applaus. „Sie sind das Rückgrat unseres Wohlstandes“. Noch mehr Applaus. Als er abtritt, buht keiner mehr.

Ansonsten wird der Festakt bestimmt von Aufforderung zum lebenslangen Lernen, zur Weiterbildung, zum Ausbilden von neuen Lehrlingen. Für viel Reflexion bleibt da kein Raum. Eine Diskussion über die Wahl der Berufe beispielsweise findet nicht statt, obwohl die Berater in den Jobcentern seit Jahr und Tag mehr Vielfalt predigen.

Viel haben ihre Appelle bislang nicht gebracht, wie jeder feststellen kann, der in der Festtagsbroschüre nachschlägt. Mehr als ein Drittel der Geehrten machten ihren Meister immer noch in den seit Ewigkeiten beliebtesten Berufen: Kraftfahrzeugtechniker und Friseur. Moritz Honert

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