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Wirtschaft: Hollywood nach dem Terror: Filmemacher schreiben ihre Drehbücher um

Als die USA mit den Ermittlungen nach den Tätern der Terrorangriffe begannen, nahm Hollywood Untersuchungen eigener Art auf: Es wurde nach gegenwärtigen und künftigen Filmprojekten gefahndet, die heikel sind, weil sie brutale Terrorszenen enthalten. Da es in Kino- und Fernsehfilmen häufig um Ereignisse geht, die den realen Angriffen an der amerikanischen Ostküste am vergangenen Dienstag ähneln, stellt Hollywood seine Projekte jetzt rasch auf den Prüfstand.

Als die USA mit den Ermittlungen nach den Tätern der Terrorangriffe begannen, nahm Hollywood Untersuchungen eigener Art auf: Es wurde nach gegenwärtigen und künftigen Filmprojekten gefahndet, die heikel sind, weil sie brutale Terrorszenen enthalten. Da es in Kino- und Fernsehfilmen häufig um Ereignisse geht, die den realen Angriffen an der amerikanischen Ostküste am vergangenen Dienstag ähneln, stellt Hollywood seine Projekte jetzt rasch auf den Prüfstand. Nachdem sie in der Vergangenheit bereits für die Produktion gewalttätiger Filme kritisiert worden war, befürchtet die Unterhaltungsindustrie, dass eine Reihe von Filmen und Fernsehprojekten nun gänzlich unangebracht erscheinen.

Zum Thema Online Spezial: Terror gegen Amerika Umfrage: Haben Sie Angst vor den Folgen des Attentats? Fotostrecke I: Der Anschlag auf das WTC und das Pentagon Fotostrecke II: Reaktionen auf die Attentate Fotostrecke III: Rettungsarbeiten in New York Fotostrecke IV: Trauerkundgebung am Brandenburger Tor Chronologie: Die Anschlagserie gegen die USA Osama bin Laden: Amerikas Staatsfeind Nummer 1 gilt als der Hauptverdächtige Das Filmstudio Warner Bros. verschob auf unbestimmte Zeit den für den 5. Oktober geplanten Start des Films "Collateral Damage". Darin verlangt Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle eines Feuerwehrmannes aus Los Angeles nach Gerechtigkeit, nachdem seine Familie Opfer eines terroristischen Angriffs geworden sind. Am vergangenen Donnerstag zog das Studio die Fernsehwerbung für den fast 80 Millionen Dollar teuren Film zurück. Jetzt sollen auch die Reklametafeln verschwinden. "Wir wollen nicht unsensibel sein, wo die Nation trauert", sagte der Filmproduzent Steven Reuther. Folgen haben die Terrorangriffe auch für andere große Hollywood-Filme wie den Streifen "Spider-Man" der Sony-Tochtergesellschaft Columbia Pictures. In der Filmvorschau sieht man ein gewaltiges Spinnennetz zwischen den beiden Türmen des World Trade Center aufgespannt. Am vergangenen Donnerstag wurde die Vorschau von der Website und aus den Kinos entfernt. Eine Sprecherin von Columbia sagte, die Szene mit dem Spinnennetz zwischen den Türmen des World Trade Centers sei nur für die Vorschau geschaffen worden und werde nicht Teil des Films sein.

Walt Disney will den Start der neuen Tim Allen-Filmkomödie "Big Trouble" verschieben, in der eine Atomwaffe in einem Koffer in ein Flugzeug geschmuggelt wird. Ursprünglich sollte der Streifen am 21. September in die Kinos kommen, jetzt ist das kommende Jahr anvisiert. Und das zum US-Medienkonzern gehörende Filmstudio Paramount Pictures hat den Start des Films "Sidewalks of New York", der ebenfalls am 21. September herauskommen sollte, auf November verlegt. Auch die TV-Stationen ändern ihre Planung: Die drei Fernsehsender CBS, ABC und Fox hatten alle für diesen Herbst Filme im Programm, in denen es um die CIA geht, in einigen auch um Terroristen.

Ein Fernsehfilm, der auf den Prüfstand geraten ist, ist der Film "24" von Fox. Darin versucht ein CIA-Agent, innerhalb von 24 Stunden den Mordanschlag auf einen Präsidentschaftskandidaten zu verhindern. Die Premiere war eigentlich Ende des kommenden Monats geplant, aber Fox befürchtet nun, dass Teile des Films vor dem Hintergrund der Terrorattacken so nicht mehr gezeigt werden können. Außerdem will der zur Mediengesellschaft News Corp. gehörende Fernsehsender eine Werbung streichen, in der ein Flugzeug in der Luft explodiert. Fox hat außerdem den Science-Fiction-Film "Independence Day" - in dem das Weiße Haus und das Empire State Building von Außerirdischen zerstört werden - aus dem Programm genommen. Das Werk des deutschen Regisseurs Roland Emmerich stand am Sonntag auf dem Programm.

Der Fernsehkanal NBC ist dabei, seine Pläne für die Produktion weiterer Folgen für seine Serie "Law & Order" über Terrorismus fallen zu lassen. Wenn auch bislang offiziell noch keine Entscheidung getroffen wurde, steht das Projekt dennoch auf der Kippe, sagen Personen, die mit dem Projekt zu tun haben. Der TV-Sender CBS überprüft sorgfältig den Inhalt des Fernsehfilmes "The Agency" über die CIA, der in Kooperation mit dem Nachrichtendienst entstanden war. In der ersten Episode, die noch im September ausgestrahlt werden sollte, wird Osama bin Laden erwähnt, der als Drahtzieher der Terrorattacken vermutet wird. Das soll gestrichen werden, sagte der CBS-Präsident Leslie Moonves. Außerdem überprüft CBS die Werbung für den Film. Das tut der Fernsehkanal ABC, eine Tochter des Unterhaltungskonzerns Disney, auch bei seiner neuen Serie "Alias", in der es ebenfalls um Spione geht.

Unterdessen überdenkt die Unterhaltungsbranche grundsätzlich, inwieweit sie überhaupt weiterhin Filme über Terrorismus produzieren sollte. Lange Jahre war das ein beliebtes und häufiges Thema für Filmhandlungen. "Wenn ich gerade einen Film über Terrorismus in Produktion hätte, würde ich das Projekt abbrechen", sagte der Filmproduzent John Davis, der unter anderem die Filme "Daylight" und "Behind Enemy Lines" produziert hat. Letzterer handelt von einem Rettungseinsatz in Bosnien und soll in wenigen Monaten in die Kinos kommen. "Sobald es den Bereich der Fantasie verlässt und Realität wird, ist es keine Unterhaltung mehr", sagte er.

Die Geschehnisse am vergangenen Dienstag waren für jene Filmemacher surreal, die realistische Terrorszenen in ihren Filmen gezeigt haben. So wie Ed Zwick, den Regisseur des Streifens "Der Ausnahmezustand" aus dem Jahr 1998. Bevor er den Film über eine Serie terroristischer Angriffe in New York City drehte, habe er Terrorismus-Experten konsultiert und bei diesen eine Ahnung der Unvermeidbarkeit solcher Terrorakte gespürt, sagte er. Er habe mit dem Film eine Diskussion über die Möglichkeiten solch eines Angriffs provozieren wollen. Doch Zwick hatte den Eindruck, dass man das "Was-passiert-wenn-Szenario" in der Öffentlichkeit zu einem bestimmten Grad mit Verdrängen und Nicht-Wahrhaben-Wollen aufgenommen habe.

Ein Film, der nun nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangen wird, zumindest nicht in der Form, wie er ursprünglich geschrieben wurde, ist "Nosebleed" mit dem Schauspieler Jackie Chan. Er sollte einen Fensterreiniger beim World Trade Center spielen, der in ein Komplott von Terroristen gerät, die die Freiheitsstatue in die Luft sprengen wollen. Das Projekt war vor mehreren Monaten vom Filmstudio Metro Goldwyn Mayer (MGM) beschlossen worden. Eine MGM-Sprecherin sagte, das Studio habe immer vorgehabt, die Rolle des Trade Centers im Film zu verändern.

Joe Flint, John Lippman

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