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Reiselust im Studium? Ein Kind ist kein Hinderungsgrund ein Auslandssemester zu absolvieren. Die Unterkunft und der Betreuungsplatz im Ausland sind dabei die größten Hürden.

© Jens Schlueter/dapd

Erasmus mit Kind: Huckepack in die Hochschule

Auch mit Kind ist ein Studium im Ausland möglich. Die Familienbüros und die Internationalen Büros an der Universität bieten erste Hilfestellung.

Anfangs hatte Anne immer so eine Wand im Kopf. Die Aushänge zum Erasmus-Programm ignorierte sie, genau wie die E-Mails zum Thema Auslandssemester. „Ich dachte immer: Ne, du hast ein Kind. Das kannst du abhaken“, sagt Anne. Bis sie einen Bekannten im Auslandssemester in Dänemark besuchte und sich fragte, ob es nicht doch ginge.

Das war im vergangenen Jahr – inzwischen sind Anne, 31, und die 5-jährige Neela wieder zurück in Hannover, wo Anne Heilpädagogik studiert. Von Januar bis Juni haben sie im finnischen Helsinki gelebt. Studenten mit Kind wagen sich nach England, Spanien und sogar bis nach Russland und Vietnam. Anja Graeff von der Koordinierungsstelle Familiengerechte Hochschule Wismar sagt: „Manche Hochschulen haben das noch nie gehabt, andere haben das jedes Semester.“

Graeff ist es wichtig, den jungen Eltern zu signalisieren: Es geht. Zwar sollten sie mit den Vorbereitungen mindestens ein Jahr vor der Abreise beginnen und auch die Kosten nicht unterschätzen. Doch in einer Studie der Hochschule Wismar und der TU Dresden sagen alle Befragten, sie würden sich wieder für den Auslandsaufenthalt mit Kind entscheiden.

Als Anne sich informierte, hoffte sie insgeheim noch auf eine Absage. Doch der Mitarbeiter im Internationalen Büro ihrer Hochschule war begeistert von dem Vorhaben. Anne holte sich im Kindergarten das Einverständnis, Neela für ein halbes Jahr aus der Gruppe zu nehmen. „Da wollte ich schon unbedingt, dass es klappt.“ Die Suche nach einem Betreuungsplatz für Neela war schwierig. Am Ende bekam sie einen Platz in einem privaten deutsch-finnischen Kindergarten – für 560 Euro im Monat. Sie habe vor der Abreise „wie wild“ angefangen zu sparen, sagt Anne. „Ich habe sogar meine Sachen verkauft, einige Kleidung und Möbel.“ Zur Unterstützung erhielt sie Auslands-Bafög, ein Erasmus-Stipendium und ein Auslandsstipendium der Hochschule Wismar. „Es ist viel Aufwand, aber die Suche nach Stipendien lohnt sich“, sagt Anja Graeff.

Der Betreuungsplatz und die Unterkunft sind die schwierigsten Hürden. „Oft empfehle ich, im Vorfeld hinzufliegen und sich um alles zu kümmern“, sagt Graeff. Besonders tun sich die skandinavischen Länder hervor, was familienfreundliche Strukturen betrifft – Anne und Neela konnten in Helsinki sogar im Wohnheim wohnen. In anderen Ländern sind dort oft keine Kinder erlaubt. „Dadurch hatte ich viele Babysitter und konnte mit Babyfon in anderen Zimmern sitzen“, sagt Anne. Die Familienbüros und die Internationalen Büros an der heimischen Universität bieten eine erste Hilfestellung. Auch Anja Graeffs Koordinierungsstelle ist ansprechbar für bundesweite Anfragen. Zudem ist die Hochschule Wismar Teil des Programms „Familie in der Hochschule“, das auf der Webseite www.auslandsstudium-mit-kind.de Infos und Erfahrungsberichte versammelt.

Für Anne und Neela ist Helsinki eine zweite Heimat geworden. „Ich habe mich schon bei dem Gedanken erwischt, wo es als nächstes hingehen soll“, sagt Anne. Die Hochschule Wismar vergibt dieses Jahr vier Auslandsstipendien für Studenten mit Kind. Bewerbungsschluss ist der 15. November.

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