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Wirtschaft: Hundt: Kapitalismus-Debatte "zum Kotzen"

SPD-Chef Franz Müntefering gefährdet nach Ansicht der Arbeitgeber mit seiner anhaltenden Kapitalismus-Kritik den Standort Deutschland. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, er "finde es zum Kotzen, was derzeit in dieser Republik abläuft".

Berlin (29.04.2005, 14:27 Uhr) - Die von Müntefering entfachte Debatte sei «hochgradig schädlich», weil sie Investoren verschrecke, sagte Hundt im ZDF. «Anstatt dass wir uns mit unseren bestehenden Problemen beschäftigen, reden wir von Heuschreckenplagen, von Raubtierkapitalismus, von asozialem Verhalten und dergleichen mehr», kritisierte der Chef des Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände am Donnerstagabend.

In der Bevölkerung stoßen Münteferings Thesen auf breite Zustimmung. Laut ZDF-Politbarometer vom Freitag sind fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent) überzeugt, dass zahlreiche Unternehmen trotz hoher Gewinne in Deutschland Arbeitsplätze ins Ausland verlagern. 78 Prozent unterstützen die Aussage, für Unternehmen seien Menschen nur noch ein Kostenfaktor wie Maschinen, ergab eine Erhebung des Ipsos-Instituts im Auftrag der «Financial Times Deutschland».

Saarlands CDU-Ministerpräsident Peter Müller sieht «einzelne Degenerationserscheinungen» in der deutschen Wirtschaft. Es gehe nicht an, dass in Zeiten, wo die Einkommen der Arbeitnehmer zum Stillstand gekommen seien, die Managergehälter großer Aktiengesellschaften im Schnitt um 80 Prozent erhöht würden, sagte er im Fernsehsender n-tv.

SPD-Politiker forderten die Deutsche Bank auf, nach ihrer deutlichen Gewinnsteigerung den geplanten Jobabbau zurückzunehmen. Die SPD-Linke Andrea Nahles sagte der «Thüringer Allgemeinen», angesichts dieser überraschend hohen Renditen müsse das Geldinstitut darauf verzichten. Auch Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Harald Schartau (SPD) sagte der «Berliner Zeitung»: «Viele Menschen können es einfach nicht mehr ertragen, dass ständig Gewinnankündigungen mit Personalabbau verbunden werden.»

Der frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine forderte seine Partei auf, der Kritik konkrete Taten folgen zu lassen. Statt über das Fehlverhalten von Managern zu jammern, müsse die Bundesregierung den Spitzensteuersatz wieder über 50 Prozent erhöhen, eine Managerhaftung einführen und die Manager-Bezahlung mit Aktienoptionen verbieten, sagte er in Krefeld. Vor allem müssten die Hartz-IV-Gesetze zurückgenommen werden.

Wirtschaftsforscher warnten dagegen vor Gesetzesinitiativen. «Diese Debatte ist störend und international schädlich», sagte Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der Zeitung «Die Welt» (Freitag). Nach Einschätzung der US-Handelskammer in Deutschland (AmCham) verstören Münteferings Äußerungen ausländische Investoren. AmCham- Vorstand Lutz Raettig sagte der «Berliner Zeitung»: «Herr Müntefering hat die Option Deutschland nicht gerade attraktiver gemacht.» (tso)

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