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Wirtschaft: Hurrikane treiben US-Defizit nach oben

Dollar könnte unter Druck geraten – und das deutsche Wachstum schmälern

Berlin - Das amerikanische Doppeldefizit bei Staatsverschuldung und Leistungsbilanz erklimmt neue Höhen. Die amerikanische Regierung rechnet dieses Jahr mit einem Haushaltsloch von über 400 Milliarden Dollar (330 Milliarden Euro). Das entspricht 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, erklärte der stellvertretende Finanzchef des Weißen Hauses, Joel Kaplan, am Donnerstag (Ortszeit). Das Amt hatte ursprünglich mit einem Defizit von 341 Milliarden Dollar gerechnet.

Ein Grund für die Mehrausgaben ist der Wiederaufbau in den Hurrikangebieten. Kaplan zeigte sich zuversichtlich, dass das vergrößerte Haushaltsloch ein vorübergehendes Ereignis sei und die Regierung ihr Ziel erreichen werde, die Neuverschuldung wie geplant bis 2009 zu halbieren. Ökonomen bezweifeln dies: „Ich halte es für völlig illusorisch, dass sich die Neuverschuldung bis 2009 halbieren lässt“, sagte Henrik Enderlein, Professor für Wirtschaftspolitik an der Hertie School of Governance dem Tagesspiegel.

Das Leistungsbilanzdefizit ist im November geringer ausgefallen als im Oktober. Dennoch hat es 2005 vermutlich einen Rekordwert erreicht. Die Importe von Gütern und Dienstleistungen überstiegen die Exporte im November um 64,2 Milliarden Dollar. Im Oktober waren es noch 68,1 Milliarden Dollar gewesen. Dennoch ist die Lücke schon in den Monaten Januar bis November mit 661,8 Milliarden Dollar größer ausgefallen als im Gesamtjahr 2004, als sie 617,8 Milliarden Dollar betrug.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, erwartet, dass das Defizit zu einer Schwächung des Dollars führen könnte, wenn das amerikanische Wirtschaftswachstum nachlässt. Bei Raten von unter drei Prozent könnten führende US-Politiker eine Abwertung ihrer Währung fordern, um den Export zu stimulieren, erklärte Walter dem Tagesspiegel.

Er erwartet eine entsprechende Verlangsamung des Wachstums zur Jahresmitte. Die Devisenhändler würden empfindlich auf Abwertungsforderungen reagieren, meint Walter: „Erfahrungsgemäß kümmern sich die Märkte um kaum etwas so stark wie um Äußerungen aus der amerikanischen Regierung.“ Wenn chinesische oder arabische Anleger eine Abwertung erwarten, könnten sie schon früher ihr Vermögen in andere Währungen umschichten und den Dollarkurs auf Talfahrt schicken.

Der Dollar würde aber vor allem gegenüber dem chinesischen Yuan sinken, meint Enderlein von der Hertie School of Governance in Berlin. Er glaubt nicht, dass ein billigerer Dollar die deutsche Wirtschaft empfindlich treffen wird: „Kurse von 1,30 oder 1,35 Euro wären keine Katastrophe“, sagte er. Das Bruttoinlandsprodukt würde sich allenfalls um Zehntelprozentpunkte verringern, da die Ausfuhren aus der Eurozone nicht so bedeutend seien.

Friedrich Geiger

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