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© dpa

Wirtschaft: Hypo Real Estate wird durchleuchtet

Erneut hat es eine Razzia in Büros und Privaträumen eines Finanzinstituts gegeben: Diesmal traf es die Hypo Real Estate. Staatsanwaltschaft und Bafin ermitteln wegen des Verdachts der Untreue und der Manipulation.

Der dritte große Schlag von Strafverfolgern gegen ein deutsches Finanzinstitut in diesem Jahr: Im August hatte die Staatsanwaltschaft Leipzig die Wohnungen von fünf ehemaligen Vorständen der Sachsen-LB durchsucht, im Oktober griffen die Kollegen aus Frankfurt am Main bei der KfW zu. Jetzt bekam auch der Münchener Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) Besuch von Ermittlern.

65 Polizisten, 15 Staatsanwälte und zwei Beamte der Finanzaufsicht Bafin durchsuchten am Dienstag und Mittwoch Büros in der Zentrale des Unternehmens sowie Privaträume von Vorstandsmitgliedern, die im Zeitraum zwischen November 2007 und September 2008 im Amt waren. Auch Räume des früheren Aufsichtsratschefs Kurt Viermetz wurden durchsucht.

Laut Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld wirft die Justiz den Managern Untreue, Marktmanipulation und eine falsche Darstellung der wirtschaftlichen Situation vor. Aus dem Grund sei umfangreiches Material beschlagnahmt worden. Die Sicherung elektronischer Daten sowie die Auswertung des gesamten Unterlagen werde voraussichtlich mehrere Wochen andauern. Wann über eine Anklage entschieden werden könne, sei noch offen, hieß es.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen bereits seit Mai. Auch Aktionärsschützer, Privatleute und Einzelaktionäre hatten nach der spektakulären Fast-Pleite Ende September Anzeige gegen die Führungsriege der Bank erstattet. Der ehemalige Vorstandschef Georg Funke und Vorstandskollege Bo Heide-Ottosen sowie fast der komplette Aufsichtsrat mussten wegen der Affäre schon den Hut nehmen. Die HRE sagte völlige Kooperation mit den Ermittlern zu, wollte aber mit Verweis auf das laufende Verfahren keine weiteren Angaben machen. Der neue Aufsichtsrat hat bereits selbst eine Anwaltskanzlei beauftragt zu prüfen, ob Funke und Heide-Ottosen wegen des Desasters in Haftung genommen werden können.

Der jüngst von der Deutschen Bank an die Spitze der HRE gewechselte Banker Axel Wieandt sowie andere neue Führungskräfte sind von der Razzia nicht betroffen. Die Ermittlungen richten sich gegen acht Banker, von denen sechs heute noch aktiv sind.

Die Hypo Real Estate, einer der größten Finanzierer gewerblicher Immobilien weltweit, war im Zuge der Finanzkrise in eine existenzielle Notlage geraten. Grund waren vor allem Finanzierungsprobleme bei der aus steuerlichen Gründen nach Irland verlegten Tochter Depfa Bank. Ende September wurde bekannt, dass sich die HRE auf massive Unterstützung aus dem Rettungspaket des Bundes für die Bankenbranche angewiesen ist. Im Zuge der Verhandlungen darüber soll Funke das Ausmaß des Bedarfs lange kleingeredet haben. Die Bundesregierung drängte ihn daraufhin zum Rücktritt. Auch Aufsichtsratschef Viermetz zog sich zurück, einen Monat später trat dann fast das komplette Kontrollgremium der Bank ab.

Aktionärsschützer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz werfen vor allem Funke vor, für die drastischen Kursverluste der HRE-Aktie verantwortlich zu sein.

Zuletzt hatte sich der Immobilienfinanzierer weitere Hilfen aus dem Rettungspaket des Bundes verschafft. Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) stockte einen Ende November gewährten Garantierahmen von 20 auf 30 Milliarden auf, nachdem die Bank einen höheren finanziellen Bedarf festgestellt hatte. Auch weitere Gespräche über umfassende Maßnahmen der Liquiditäts- und Kapitalunterstützung zwischen SoFFin und HRE laufen. Binnen eines Jahres fiel der Kurs der Aktie von über 36 Euro auf knapp drei Euro am Mittwoch. Am kommenden Montag muss die HRE wegen dieses Einbruchs des Börsenwertes ihren Platz im Deutschen Aktienindex Dax räumen.

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