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IAA: Die Lage der Autoindustrie: Fünf Manager, fünf Antworten

Nach einem turbulenten Jahr in der Branche sprechen die Vorstände von VW, Porsche, GM, Ford und BMW über die IAA als Konjunkturbarometer, das Autojahr 2010 und ihre Erwartungen an die nächste Regierung.

Düsseldorf - Abwrackprämie, neue Antriebe, die Übernahme von Porsche durch Volkswagen, die Rettung von Opel durch Magna – für die Autohersteller ist es ein turbulentes Jahr. Wenn am Donnerstag die Internationale Automobil-Ausstellung IAA (17. bis 27. September) in Frankfurt beginnt, erhofft sich die verunsicherte Branche positive Signale für die Zukunft. Das „Handelsblatt“ hat fünf Automanager zur Lage der Autoindustrie befragt: Friedrich Eichiner (BMW-Finanzvorstand), Carl-Peter Forster (Opel-Aufsichtsratschef und GM-Europa-Chef), Michael Macht (Porsche-Vorstandschef), Bernhard Mattes (Vorstandschef der Ford-Werke AG in Köln) und Martin Winterkorn (VW-Vorstandschef). Hier ihre Antworten in Auszügen.

Die IAA gilt als Branchenbarometer. Rechnen Sie mit einem positiven Konjunktursignal von der Messe?

Ob gleich ein Konjunktursignal von der Messe ausgehe, werde sich erst zeigen, sagt GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster. Für Porsche-Chef Michael Macht ist die Entspannung in der Weltkonjunktur „erfreulich - wenn auch noch kein Grund zur Entwarnung.“ Bernhard Mattes, Chef der Kölner Fordwerke, sagt mit Blick auf die aktuellen Marktentwicklungen in Deutschland und Westeuropa, „dass die Talsohle auf einigen wichtigen Märkten erkennbar erreicht, aber sicherlich noch nicht bewältigt ist“. Er sei davon überzeugt, dass die IAA Wege aus der Krise aufzeigen und damit auch ein Aufbruchssignal für die Märkte geben könne. Die Mehrzahl der Hersteller werde auf der Messe mit den neuen Modellen den Beweis liefern, dass die Automobilindustrie die Herausforderung des Klimaschutzes und der Fahrzeugsicherheit offensiv angegangen sei. Bei BMW heißt es, man habe sich in diesem Jahr besonders viel vorgenommen. Und Volkswagen-Chef Martin Winterkorn prophezeit, die IAA werde den Menschen „Lust aufs Auto machen“.

Was erwarten Sie vom Autojahr 2010?

„2010 bleibt schwierig“, sagt VW-Chef Martin Winterkorn. „Die Krise ist noch nicht überwunden, auch wenn der Trend nach oben zeigt.“ Der Konzern erwarte, dass der Weltautomobilmarkt in etwa auf dem Niveau von 2009 verbleiben werde. In Deutschland gehe VW durch das Auslaufen der Abwrackprämie von einem Rückgang der Nachfrage aus. Ziel des Konzerns sei es, „weiter deutlich besser als der Wettbewerb abzuschneiden“. Auch bei BMW ist man sich noch nicht sicher, ob die Erholung auf den Automobilmärkten schon ein nachhaltiger Trend ist. Finanzchef Eichiner rechnet ab kommendem Jahr für den eigenen Konzern „mit zusätzlichem Rückenwind aus der weiter erneuerten Produktpalette“. Porsche-Chef Michael Macht zeigt sich beim Blick auf das Kalenderjahr 2010 verhalten optimistisch. „Die kommenden Monate dürften für Porsche noch schwierig bleiben“, sagt er, aber im Verlauf des kommenden Jahres werde sich die Nachfrage nach Premium-Fahrzeugen wieder beleben.

Was erwarten Sie von der Politik?

Die deutsche Politik habe in der Krise pragmatisch gehandelt und dabei die richtigen Impulse gesetzt, sagt VW-Chef Martin Winterkorn. Entscheidend für die Zukunft des Landes seien jetzt „Vorfahrt für Bildung, Innovationen und Zukunftstechnologien, wie zum Beispiel die Elektromobilität“, meint Winterkorn. Er betont, die Wirtschaft sei bereit, hier ihren Beitrag zu bringen. Ford-Werke-Chef Bernhard Mattes wünscht sich von Berlin vor allem „moderate Anschlussprogramme“ an die Abwrackprämie, deren abruptes Beenden zu einem erneuten Nachfrageeinbruch in Deutschland führen könne. Auch GM-Europa-Chef Peter Forster sagt, „eine geeignete Form der Förderung des Ersatzes veralteter Automobile durch schadstoffärmere, moderne Fahrzeuge wäre zu prüfen“. BMW-Finanzchef Eichiner drängt darauf, dass „alle wirtschafts-, umwelt- und verkehrspolitischen Maßnahmen, die die Automobilindustrie betreffen, insbesondere im Hinblick auf Wettbewerbsneutralität und ihre Wirkung am Standort Deutschland geprüft werden“.

Wird der geplante Zusammenschluss von VW und Porsche das Kräfteverhältnis in der Branche verändern?

Sowohl Porsche als auch VW – vor kurzem noch Rivalen – äußern sich optimistisch. Durch die Verschmelzung beider Konzerne werde „ein schlagkräftiger integrierter Automobilkonzern entstehen, der gute Chancen hat, weltweit Branchenführer zu werden“, sagt Porsche-Chef Macht. Durch Allianzen werde sich der globale Wettbewerb verschärfen. VW-Chef Winterkorn sagt, durch die Integration entstehe „ein neues automobiles Kraftfeld“. Dabei werde VW „erneut die Vorteile des Mehrmarkenkonzerns mit seiner breiten Aufstellung unter Beweis stellen“. Weniger euphorisch antworten die anderen Konzernchefs. „Nein“, beantwortet Carl-Peter Forster von GM die Frage ganz lakonisch. Auch bei Ford will man von einem veränderten Kräfteverhältnis in der Branche nichts wissen. Der BMW-Finanzvorstand weist darauf hin, dass es nach dem Zusammengehen von VW und Porsche nur noch zwei unabhängige Premium-Hersteller gebe. „Die BMW Group ist einer davon.“ Erfolg hätten künftig die innovativsten und finanzkräftigsten Unternehmen. „Größe allein ist kein Erfolgstalent, wie man derzeit gut beobachten kann. Größe heißt noch höhere Komplexität, da kommt man schnell an eine Grenze.“

Opel will mit Staatshilfen den Neustart wagen. Ist das eine Wettbewerbsverzerrung? Auch wenn er in dieser Frage „vielleicht befangen“ sei – nein, der Wettbewerb werde nicht verzerrt, sagt GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster. „Opel hätte ohne staatliche Bürgschaften keinen Zugang zu den Kreditmärkten gehabt, das unterscheidet uns von unseren Mitbewerbern.“ Der Konzern werde das Geld aus Steuermitteln „selbstverständlich zurückzahlen“. Während Porsche-Chef Michael Macht mit Blick auf tausende Arbeitsplätze sagt, er könne gut die Staatshilfe nachvollziehen, äußert Ford-Chef Mattes deutliche Kritik: „Für mich hört Wettbewerbsgleichheit auf, wenn einzelne Wettbewerber in eine bessere Wettbewerbsposition gebracht werden, etwa durch eine Möglichkeit zur Refinanzierung, die für andere nicht gegeben ist, oder gar durch direkte Subventionen und Beteiligungen.“ HB/Tsp

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