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Lange Nummer. 22 Stellen hat die neue Kontonummer. Auf die elfstellige Bic dürfen die Deutschen dagegen verzichten. Foto: dpa

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Wirtschaft: IBAN, die Schreckliche

Was sich mit den neuen europäischen Kontonummern alles ändern wird

Volksbankkunden tragen sie schon lange im Portemonnaie mit sich herum: Ihre neue, internationale Kontonummer, die 22-stellige IBAN. Die Genossenschaftsbanken drucken sie auf die Rückseite jeder Karte, „damit sich die Leute daran gewöhnen“, sagt ein Sprecher. Denn die Nummer, wegen ihrer Länge gern auch „IBAN, die Schreckliche“ genannt, soll bald europaweit die gewohnten Kontonummern und Bankleitzahlen ersetzen, gemeinsam mit einer zweiten neuen Ziffer namens Bic.

Wann es soweit sein wird, darüber verhandelt die Europäische Kommission zur Zeit noch mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der nationalen Minister. Neben dem Zeitpunkt gibt es auch noch andere strittige Detailfragen: So ist zum Beispiel noch unklar, ob das in Deutschland beliebte Bezahlverfahren per Unterschrift mit IBAN und Bic überhaupt noch möglich ist.

Eigentlich steckt hinter den neuen Kontonummern eine sehr kundenfreundliche Idee: Wer Euro-Beträge in das europäische Ausland überweist, muss dafür heute nicht mehr bezahlen als für eine Überweisung im Inland. Früher kassierten die Banken hier horrende Gebühren.

„Das bedeutet, dass Zahlungen ins Ausland so einfach werden wie die zu Hause“, warb Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier vor einem Jahr für die Idee. So könnten dann künftig auch das Ferienhaus im Süden oder die Studiengebühren für die im Ausland studierende Tochter einfach per Lastschriftverfahren gezahlt werden. Außerdem verwies Barnier darauf, dass mehr als elf Millionen EU-Bürger in Europa außerhalb ihres Heimatlandes leben, die dann nicht länger verschiedene Konten führen müssten.

Denn jetzt gibt es SEPA, die Single Euro Payment Area, zu der neben den Euro-Staaten auch noch Länder wie die Schweiz oder Norwegen gehören. Zwischen ihnen ist der Zahlungsverkehr frei – aber eben nur, wenn man IBAN und Bic in den Überweisungsträger eintippt.

Wer keine Karte einer Volksbank oder Spardabank besitzt, findet die Ziffern schon seit dem Jahr 2003 auf seinem Kontoauszug. Die Sparkassen werden sie demnächst auch auf ihre Karten drucken. Theoretisch kann man auch im Inland schon Sepa-Überweisungen vornehmen. In Deutschland macht das aber kaum jemand.

Nach Berechnungen der Europäischen Zentralbank waren im ersten Halbjahr 2010 nur 0,8 Prozent der Transaktionen in Deutschland Sepa-Überweisungen. Andere Europäer sind schneller: In Luxemburg wurden von Januar bis Juni 2010 bereits 89 Prozent aller Überweisungen mit IBAN und Bic getätigt, in Zypern 59, in Belgien 23 und in Spanien 17 Prozent. Damit liegt Deutschland weit unter dem Durchschnitt. Dahinter kommen nur noch Irland, die Niederlande und die Slowakei.

Die deutsche Bundesregierung hat sich immer für lange Übergangsfristen bis zur kompletten Umstellung auf die Sepa-Überweisungen eingesetzt. Die EU-Kommission hingegen prescht voran: Nach den Planungen der Brüsseler Behörde soll das neue Überweisungssystem spätestens bis Anfang 2013 eingeführt sein. Bis 2014 soll es dann auch ein SEPA-Lastschriftverfahren geben.

Bis dahin aber wird noch um Details gerungen. Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert: „Es muss klar sein, dass der Kunde eine Lastschrift auch künftig zurückbuchen kann.“ Bislang sind die Banken in Deutschland dazu verpflichtet, dies zu tun, wenn der Kunde innerhalb von sechs Wochen Einspruch gegen eine Abbuchung erhebt. Das gilt auch, wenn er dem Geschäftspartner zuvor eine Einzugsermächtigung erteilt hat. Möglich ist dieser Einspruch allerdings nur dann, wenn der Kunde sich mit seiner Unterschrift identifiziert hat – die theoretisch gefälscht werden kann. Gibt er hingegen eine Pin-Nummer ein, gilt seine Identität automatisch als bestätigt.

Die Verbraucherschützer halten das elektronische Lastschriftverfahren darum für sicherer als das Pin-Verfahren. Schließlich kann die Karte gestohlen und die Pin-Nummer ausgespäht werden. Das zeigen auch Zahlen des Bundeskriminalamts: Demnach ging der Betrug beim elektronischen Lastschriftverfahren 2010 um 26,5 Prozent zurück. Der Polizei wurden 13 785 Fälle gemeldet (2009: 18 759). Im Zahlverfahren mit Karte und Pin stiegen dagegen 2010 die Betrugsfälle um 1,9 Prozent auf 23 612 Fälle (2009: 23 163) an.

Die Einzelhändler in Deutschland fürchten allerdings, dass sie das Bezahlen mit Unterschrift künftig nicht mehr einsetzen können. „Die SEPA-Prozesse werden das elektronische Lastschriftverfahren unmöglich machen“, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE).

Sven Giegold, Abgeordneter der europäischen Grünen, sagt, das Parlament setze sich bei den Verhandlungen für das elektronische Lastschriftverfahren ein. Der Rat sei allerdings dagegen. Giegold fordert darüber hinaus eine „praktikable und rechtssichere Lösung“, um bestehende Lastschriftmandate auf Sepa umzustellen. Der Kunde soll nicht jeden Dauerauftrag neu ausfüllen müssen.

Kritiker glauben, dass die Kunden sich wegen der langen Nummern öfter verschreiben werden und darum Geld versehentlich an das falsche Konto überweisen. Verbaucherschützer Pauli macht sich hier keine großen Sorgen: Schließlich besteht die IBAN aus der alten Kontonummer und der alten Bankleitzahl. Hinzu kommen lediglich eine Länderkennung (DE für Deutschland) und eine zweistellige Prüfziffer. Sie soll sicherstellen, dass die Bank einen Schreibfehler sofort erkennt und in einem solchen Fall keine Überweisung tätigt. „Das ist für die Verbraucher erlernbar“, sagt Pauli. Und die Bic, eigentlich die neue Bankleitzahl, brauche man für Überweisungen innerhalb Deutschlands gar nicht: Schließlich sei die Bankleitzahl schon in der IBAN enthalten.

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