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Wirtschaft: IBM schafft in Deutschland jährlich 2000 neue Arbeitsplätze

TAGESSPIEGEL: Konsumflaute und hohe Tarifabschlüsse: Wie verkraftet IBM solche Belastungen am Standort Deutschland?STAUDT: IBM in Deutschland und Europa hat sich 1998 deutlich besser entwickelt, als der weltweite Durchschnitt des Konzerns.

TAGESSPIEGEL: Konsumflaute und hohe Tarifabschlüsse: Wie verkraftet IBM solche Belastungen am Standort Deutschland?

STAUDT: IBM in Deutschland und Europa hat sich 1998 deutlich besser entwickelt, als der weltweite Durchschnitt des Konzerns.Wir haben 1998 auch stärker zugelegt als der Informationstechnik-Markt insgesamt.

TAGESSPIEGEL: Der IT-Markt wächst jährlich um 8,5 Prozent.Ihr Umsatzplus liegt also über 9 Prozent?

STAUDT: Das magische Ziel ist immer, zweistellig zu wachsen.Und 1998 haben wir das gepackt.

TAGESSPIEGEL: Und 1999?

STAUDT: 1999 wird ein ganz eigenartiges Jahr.Ein Jahr, vor dem ich sehr viel Respekt habe.In der Branche weiß keiner, wie sich der Käufer verhalten wird.Wir schwanken zwischen der Hoffnung, daß in diesem Markt nach vorne gerichtet investiert wird, und der Befürchtung, daß sich unsere Kunden zurückhalten, weil sie wegen des Millennium-Problems vielleicht keine neuen Baustellen aufmachen wollen.

TAGESSPIEGEL: Das Geschäft mit Software zur Euro-Umstellung und dem Millenium-Problem geht ohnehin zu Ende.Wie können Sie das auffangen?

STAUDT: Durch den Trend zur Vernetzung wächst das Server-Geschäft stark.Dazu engagieren wir uns immer mehr im IT-Management.Wir haben im letzten Jahr in Deutschland 2500 Mitarbeiter eingestellt, 80 Prozent davon im Service-Bereich.

TAGESSPIEGEL: Stellen Sie auch künftig neu ein?

STAUDT: Zur Zeit haben wir 23 700 Mitarbeiter in Deutschland.Wenn wir mit derselben Geschwindigkeit weiter wachsen, kann ich mir vorstellen, daß wir bis mindestens 2002 jährlich gut 2000 neue Mitarbeiter einstellen.

TAGESSPIEGEL: Kriegen Sie die auch? Der Markt für Computerexperten ist leergefegt.

STAUDT: Das ist genau das Problem.Die deutsche Wirtschaft sucht händeringend 75 000 Arbeitskräfte für das Geschäft rund um die Netzwerke.In zwei Jahren werden das hochgerechnet eine Viertelmillion sein.Es gibt ein ungeheures Defizit.Die Universitäten können das nicht mehr leisten.Es wird Zeit, daß der Engpaß beim Hightech-Nachwuchs auch von der Poltitik wahrgenommen wird.

TAGESSPIEGEL: Und wie beurteilen Sie den Tarifabschluß von Baden-Württemberg?

STAUDT: IBM Deutschland ist nicht mehr im Arbeitgeberverband, doch in der Produktion sind noch gut 3000 Mitarbeiter durch den Flächentarif gebunden.Die Kostensteigerungen sind deshalb auch für uns nicht leicht zu verkraften.Aber unabhängig vom aktuellen Tarifabschluß: Das allerschlimmste ist der Marsch in die 35 Stunden-Woche.Bei dem leergefegten Arbeitsmarkt und 75 000 unbesetzten Stellen auch noch die Arbeitszeit zu verkürzen, das würde unserer Branche den Boden unter den Füßen wegziehen.Wir haben mit der DAG allerdings eine Vereinbarung erzielt, daß bei IBM wieder bis zu 41 Stunden in der Woche gearbeitet werden kann.

TAGESSPIEGEL: IBM experimentiert mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und Tele-Arbeit.Volkswagen aber ist bereits enttäuscht zur Schichtarbeit zurückgekehrt.Wie sind Ihre Erfahrungen?

STAUDT: Ich bin ein absoluter Verfechter von flexiblen Arbeitszeiten.Unsere Mitarbeiter sollen sich zwischen allen deutschen IBM-Standorten frei bewegen können und überall einen freien Schreibtisch vorfinden.Bildlich ausgedrückt: Unsere Mitarbeiter haben einen Heimathafen, aber keinen festen Liegeplatz.Wir haben die Stempeluhr abgeschafft und eine Vertrauenskultur im Unternehmen geschaffen.Die Mitarbeiter danken uns das mit einem Höchstmaß an Loyalität und Einsatzbereitschaft.Unsere Krankheitsquote zum Beispiel liegt deutlich unter dem Durchschnitt der Branche.

TAGESSPIEGEL: IBM gilt als zentralistisch.Die US-Zentrale läßt den nationalen Tochtergesellschaften zu wenig Spielraum.Kann da der Job lange Spaß machen?

STAUDT: Ich richte mich auf eine längere Amtsdauer ein als meine Vorgänger Hug und Lamberti.Ich habe eine längere Phase im internationalen Geschäft verbracht und freue mich darauf, jetzt meine Erfahrungen einzubringen.Ohnehin ist der Konzern heute weniger USA-zentriert, als früher.

TAGESSPIEGEL: Im März beginnt die Cebit 99.Welche Mega-Trends sehen Sie an der Schwelle zum neuen Jahrtausend?

STAUDT: Wir setzen im wesentlichen auf drei Trends.Erstens: Pervasive Computing.Das ist das versteckte Einsetzen von Computerchips in alltägliche Gebrauchsgegenstände.Autos werden über Microprozessoren drahtlos mit der Werkstatt verbunden, um Instandhaltungs- und Wartungsdaten zu übermitteln.Computerchips können in Kleidungsstücke eingenäht werden, die der Waschmaschine direkt die nötige Waschtemperatur übermitteln.

TAGESSPIEGEL: Sind das Visionen oder marktreife Produkte?

STAUDT: Auf der Cebit präsentieren wir nur Produkte, die kurz vor der Markteinfühung stehen.Mit DaimlerChrysler haben wir zum Beispiel einen V-Klasse-Wagen komplett mit Fax, Telefon und Internet-Anschluß als mobiles Büro eingerichtet.Zweiter Trend sind Klein-Computer.Analog zum Walkman stellen wir einen "Walk-PC" vor: Gewissermaßen den Mini-Computer am Hosengürtel.Der Träger kann das Monitorbild eingespiegelt auf seinen Brillengläsern ablesen - auch hier gibt es eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten in der Berufswelt.Der dritte Trend ist "Deep Computing".Am Beispiel von Michelangelos unvollendeter Pieta zeigen wir auf der Cebit neue Einsatzmöglichkeiten von hochspezialisierten Rechnern bei der dreidimensionalen Objekt-Darstellung.

TAGESSPIEGEL: Was ist aus der Idee von reinen Internet-Computern geworden?

STAUDT: Wir präsentieren auf der Cebit auch eine reine "Net-Station", also einen Rechner, der auf das Internet-Surfen spezialisiert ist.Kostenpunkt: deutlich unter 1000 DM.

TAGESSPIEGEL: Glauben Sie an hohe Zuwachsraten im klassischen PC-Geschäft?

STAUDT: Ich glaube jedenfalls nicht an Sättigungstendenzen im Consumer-Bereich.Jede Familie wird bald zwei, drei oder vier PCs haben - in jedem Kinderzimmer wird einer stehen.Der Trend geht hin zu Computernetzen innerhalb von privaten Haushalten.

TAGESSPIEGEL: Wer ist Ihr Hauptkonkurrent am Markt?

STAUDT: Das sind die outgesourcten IT-Töchter von Automobilkonzernen oder Luftfahrtgesellschaften.Der Vorteil von IBM ist, daß wir als einziger Hardware, Software, Beratung und Service aus einer Hand anbieten.Damit waren wir in den letzten 25 Jahren die Nummer Eins in der Welt - und werden es auch die nächsten 25 Jahre sein.Wir sind willens und in der Lage, Trendsetter und Marktführer zu bleiben.

TAGESSPIEGEL: Berlin ist nur juristischer Sitz der IBM Deutschland.Wann kommt auch die Firmenzentrale aus Stuttgart?

STAUDT: Die Verlegung der Zentrale mit mehr als 2000 Mitarbeitern ist nicht machbar.Und eines kann ich Ihnen versprechen: Sobald sich die Chance ergibt, einen neuen Bereich in Deutschland aufzubauen, ist der Standort Berlin für uns erste Präferenz.

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