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Wirtschaft: IBM verdient besser – und streicht mehr Stellen

Weltgrößter Computerkonzern baut 14500 Arbeitsplätze ab/Standort Berlin wird geschont/Börse erleichtert über gute Geschäfte

Berlin - Der weltgrößte Computerkonzern IBM hat am Dienstag für Erleichterung an den Börsen gesorgt – und für Entsetzen bei seinen Mitarbeitern. Obwohl die Geschäfte des US-Konzerns im zweiten Quartal deutlich besser liefen als von Analysten befürchtet und der Gewinn überraschend hoch ausfiel, kündigte IBM zusätzliche Stellenstreichungen an. Insgesamt sollen 14500 Jobs wegfallen, und zwar überwiegend in Europa. Die Aktie stieg um mehr als drei Prozent.

IBM verschärft damit den Stellenabbau. Bereits im Mai hatte der Konzern angekündigt, weltweit zwischen 10000 und 13000 Arbeitsplätze streichen zu wollen. Am Montagabend nach Börsenschluss wurde IBM-Finanzvorstand Mark Loughride konkreter: 1500 Stellen müssten zusätzlich abgebaut werden.

IBM hatte wegen des weggefallenen PC-Bereichs, der an den chinesischen Konzern Lenovo verkauft wurde, in der Hardware-Sparte einen Umsatzrückgang von 25 Prozent zu verkraften. Der Verkauf brachte andererseits einen Sondergewinn von 1,1 Milliarden Dollar. Die Software-Sparte steigerte den Umsatz um zehn Prozent. Insgesamt verdiente IBM im zweiten Quartal aus dem laufenden Geschäft 1,85 (Vorjahresvergleichszeit: 1,74) Milliarden Dollar. Das war deutlich mehr, als Experten erwartet hatten.

Das schwache Geschäft vor allem im März hatte Befürchtungen geweckt, dass IBM strukturelle Schwächen haben könnte. „Das zweite Quartal hat diesen Verdacht aber nicht bestätigt“, sagte Norbert Kretlow von Independent Research. Im Gegenteil: IBM nehme offenbar eine positive strukturelle Entwicklung über alle Geschäftsbereiche, Kundenbranchen und Regionen. Die Resonanz bei den Banken ist entsprechend positiv. 32 von 40 befragten Analysten empfehlen die IBM-Aktie aktuell zum Kauf. Auch die gute Branchenkonjunktur spricht momentan für IBM. So ist die Zahl der verkauften Computer weltweit sprunghaft gestiegen, wie das Marktforschungsinstituts Gartner am Dienstag mitteilte. Zwischen April und Juni wurden 48,9 Millionen Geräte abgesetzt, das waren fast 15 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Der jetzt angekündigte Personalschnitt soll IBM nach den Worten von Finanzchef Loughridge in der zweiten Jahreshälfte Kosteneinsparungen von 500 Millionen Dollar und im kommenden Jahr noch einmal 1,3 Millionen Dollar einbringen. Allerdings bezifferte Loughridge die bisherigen Sonderbelastungen durch den Stellenabbau auf 1,7 Milliarden Dollar vor Steuern. 70 Prozent der Stellenstreichungen treffen Europa und die Dienstleistungssparte. IBM hat insgesamt 329000 Beschäftigte. Von Juni bis Mitte Juli sind laut IBM bereits 8000 Mitarbeiter weltweit ausgeschieden.

Wie viele der rund 25000 IBM-Mitarbeiter in Deutschland betroffen sind, teilte der Konzern nicht mit. „Wir brechen die Zahlen nicht auf einzelne Länder herunter“, sagte ein Sprecher. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fallen deutschlandweit 2000 Stellen weg. „Das sind mehr, als IBM geplant hatte“, sagte Rolf Schmidt von Verdi dem Tagesspiegel. Der Konzern habe eigentlich nur 1600 Arbeitsplätze streichen wollen. „Doch die Abfindungsangebote haben mehr Mitarbeiter angenommen als gedacht“, sagte Schmidt. In den 2000 Stellen sind auch 580 Arbeitsplätze bei IBM Business Services in Schweinfurt und Hannover enthalten – die beiden Standorte sollen Ende September geschlossen werden. Hier seien betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen, sagte der IBM-Sprecher.

Die 1200 IBM-Mitarbeiter in Berlin bleiben offenbar weitgehend verschont. Hier sollen etwa 35 Arbeitsplätze abgebaut werden, wie es zuletzt aus Betriebsratskreisen hieß. Allerdings erwartet Verdi, dass der jetzige Stellenabbau nicht die letzte Umstrukturierungsmaßnahme bei IBM gewesen ist. „Der weltweite Umbau des Konzerns wird sicherlich noch weitere Arbeitsplätze kosten – auch in Deutschland“, sagte Schmidt. mit dpa

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