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Einkaufen statt sparen: Angesichts der niedrigen Zinsen geben die Verbraucher ihr Geld lieber aus.

© dpa

Ifo-Geschäftsklimaindex: Der Konsum kennt keine Krise

Verbraucher shoppen, als gäbe es die Ukraine und den Nahen Osten nicht – die Unternehmer sind in Sorge.

Die Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten beeinflussen das Verhalten deutscher Unternehmer und Verbraucher höchst unterschiedlich. Während sich die Stimmung in den Unternehmen immer mehr eintrübt, lassen die Konsumenten von ihrem Optimismus nicht ab. Dies zeigen die aktuellen Werte des Ifo-Geschäftsklimaindex und des GfK-Verbrauchervertrauens, die beide am Freitag veröffentlicht wurden.

So sank das Ifo-Barometer für das Geschäftsklima, das sich auf eine Umfrage bei 7000 Firmen stützt, im Juli überraschend deutlich um 1,7 auf 108,0 Zähler. Der wichtigste Gradmesser für die Stimmung in der deutschen Wirtschaft zeigt damit zum dritten Mal in Folge nach unten – ein Anzeichen für einen konjunkturellen Abwärtstrend. Wie lange der anhält, ist unklar. „Die geopolitischen Spannungen belasten die deutsche Wirtschaft“, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.

Gleichzeitig rechnen die deutschen Verbraucher ungeachtet der zahlreichen Konflikte nicht nur mit einer weiteren wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung, sondern auch mit deutlich höheren Einkommen. Die Einkommenserwartung habe einen so starken Schub erhalten, dass sie auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung gestiegen sei, berichtete die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Fast ungebremst ist auch die Kauflust der Bürger. Der aus drei Komponenten ermittelte Konsumklimaindex für August kletterte von 8,9 auf 9,0 Punkte. Der Seismograf für die Kauflust der Deutschen bewegt sich damit weiterhin fast auf einem Acht-Jahres-Hoch.

Steigende Energiepreise könnten Risiko bedeuten

Die Konsumforscher geben allerdings zu bedenken, dass die Stimmung der Verbraucher schnell umschlagen könne, wenn sich die Krisen verschärften. „Würde die EU etwa Sanktionen gegen Russland verschärfen und würde das zu Auftragsrückgängen bei deutschen Unternehmen führen, könnten manche Beschäftigte von Arbeitslosigkeit bedroht sein“, sagte GfK-Konsumforscher Rolf Bürkl. Als weiteres Risiko sieht Bürkl steigende Energiepreise – wegen befürchteter eingeschränkter Gas-Lieferungen aus Russland. „Das würde sich sicherlich beim Konsumklima bemerkbar machen.“ Hinzu kommt: Die Befragung der Verbraucher hatte vor dem mutmaßlichen Abschuss der malaysischen Maschine über der Ukraine stattgefunden.

Für die Berenberg-Bank liegt die Hauptursache des Stimmungsabschwungs bei den Unternehmern in Moskau. Es sei der „Putin-Effekt“, der wie eine kalte Dusche auf die bisher so zuversichtliche deutsche Wirtschaft wirke. Die Verschärfung der Lage nach dem Abschuss des Flugzeugs habe die Sorgen noch deutlich erhöht. Doch auch wenn die Firmen skeptischer auf die Konjunktur blicken, sieht Andreas Scheuerle von der Deka-Bank keinen Grund zu übertriebener Sorge. Man könne noch nicht sagen, wie stark der Abwärtstrend ausfalle und wie lange er anhalte.

Ifo-Institut sieht keine Trendwende

Die Bundesbank hat für die Monate April bis Juni bereits eine Wachstumsdelle vorausgesagt. Daten dazu werden Mitte August veröffentlicht. Dass sich die Stimmung zu Beginn des dritten Quartals eingetrübt hat, gilt als schlechtes Omen. Das Ifo-Institut sieht darin jedoch keine Trendwende, wie Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe sagte: „Die innenpolitischen Rahmenbedingungen sind sehr gut.“ Laut Postbank-Ökonom Marco Bargel hat die Wirtschaft den Höhepunkt zwar überschritten. Aber auch wenn das Bruttoinlandsprodukt in der zweiten Jahreshälfte weniger stark wachsen dürfte, müsse dies nicht beunruhigen. „Unsicherheit ist immer schlecht fürs Geschäft“, meint Michael Holstein, Chef-Volkswirt der DZ Bank. Die Ifo-Daten zeigten, „dass nach dem schwachen zweiten Quartal auch in den Sommermonaten noch nicht mit einem Durchstarten der deutschen Konjunktur gerechnet werden kann“.

Privater Konsum als Stützte der Konjunktur

Als eine solide Stütze der Konjunktur hat sich der private Konsum erwiesen, der von den niedrigen Zinsen angeregt wird. Hier zeigte sich allerdings zuletzt ein gewisser Gewöhnungseffekt bei den Konsumenten. Vermutlich habe im Juli der Schock über die erneute Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank nicht mehr so tief gesessen wie noch einen Monat zuvor, erläuterte die GfK. Die Enttäuschung darüber habe viele Menschen dazu bewogen, schlecht verzinste Spareinlagen lieber in ein Auto, Möbel, Reisen oder andere Formen des privaten Konsums zu stecken. Dieser Trend sei im Juli nicht mehr ganz so stark ausgeprägt gewesen. Auch werde die gute Verbraucherstimmung nicht von allen sozialen Schichten in gleicher Weise gestützt, räumte GfK-Forscher Bürkl ein. So sei die Anschaffungsneigung von Verbrauchern in „einfachen Lebenslagen“ naturgemäß niedrig, weil es ihnen an der dafür nötigen Kaufkraft fehle. „Dagegen ist die Konsumneigung bei Menschen aus hohen Lebenslagen relativ groß“. Trotzdem habe es in den vergangenen Monaten über alle Schichten hinweg eine ähnliche Entwicklung gegeben: „Die Konsumneigung wächst, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau“. (mit dpa, rtr)

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