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Wirtschaft: Ifo-Institut sieht Aufschwung in Gefahr

Wirtschaftsforscher korrigieren Wachstumsprognose nach unten / Negative Vorgaben aus den USA

Berlin (brö). Die Konjunktur in Deutschland kommt weiter nicht in Fahrt. Der Aufschwung sei nach wie vor labil und könne leicht ins Stocken geraten, schreibt das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in seiner jüngsten Wachstumsprognose vom Donnerstag. Wegen der unsicheren Lage korrigierten die Forscher ihre Erwartungen leicht nach unten. Nun gehen sie nur noch von einem um 0,7 Prozent stärkeren Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr aus. 2003 werde es dann bei 2,3 Prozent liegen. Auch in den Vereinigten Staaten gab es nach neuen Konjunkturdaten wieder Zweifel an einer wirtschaftlichen Erholung: Auf dem Arbeitsmarkt ist die Lage angespannter als vermutet.

Zwar rechnet das Ifo-Institut mit einer weiteren Erholung der deutschen Konjunktur. Die Ampeln stünden nicht mehr auf Rot, der Aufschwung sei unterwegs, wenn auch zögerlich. Für den Aufschwung gebe es aber eine Reihe von Gefahren. „Die konjunkturelle Lage ist nach wie vor von großer Labilität geprägt, die Erholung nicht gefestigt“, schreiben die Ökonomen in ihrer neuen Studie. Noch im Frühjahr hatte das Ifo-Institut zusammen mit den übrigen Forschungszentren ein Plus in diesem Jahr von 0,9 Prozent erwartet, für das nächste Jahr von 2,4 Prozent. Grund für diese Korrektur waren auch die zuletzt schlechteren Werte für das Ifo-Geschäftsklima, einer viel beachteten Umfrage unter Unternehmern. „Sollte es zu einer weiteren signifikanten Eintrübung des Geschäftsklimas kommen, müsste sogar mit einem Stocken des Aufschwungs gerechnet werden“, heißt es in dem Bericht.

Schuld seien weltwirtschaftliche, aber auch hausgemachte Risiken. Entscheidend für die deutsche Konjunktur sei die Entwicklung in den USA. Hier werde sich das Wachstumstempo im Sommer 2002 verlangsamen, vor allem wegen des schlechteren Konsumklimas nach dem Börsencrash. Aber auch in Deutschland sehen die Ifo-Forscher Risiken. Der Konsum werde sich erst zur Jahreswende positiv entwickeln. Dazu trügen die geplanten Steuersenkungen und die sinkende Inflationsrate bei, die bei 1,3 Prozent in diesem und bei 1,4 Prozent im kommenden Jahr liegen dürften. Problematisch könne für die Unternehmen die Aufwertung des Euro zum Dollar sein. Allerdings markierte die Währung am Donnerstag ein Vier-Wochen-Tief, die Europäische Zentralbank setzte den Kurs bei 0,9760 Dollar fest.

Für den Arbeitsmarkt bedeute die Ifo-Prognose „nichts Gutes“, schreiben die Forscher. Der Tiefpunkt bei den Arbeitslosenzahlen sei noch nicht erreicht. Eine spürbare Entspannung auf dem Arbeitsmarkt sei erst für 2003 in Sicht. Aber selbst dann werde es im Jahresschnitt 3,9 Millionen Erwerbslose geben.

Auch für den Osten zeichnet sich keine durchgreifende Wende ab. Im laufenden Jahr werde das Bruttoinlandsprodukt nur um 0,3 Prozent zunehmen, im kommenden liegt es mit 2,1 Prozent weiter unter der Rate Westdeutschlands. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt werde sich daher 2002 „nochmals verschlechtern“ und auf 1,28 Millionen steigen.

Auch Bank-Volkswirte teilen die Haltung des Ifo-Instituts. „Es gibt zwar Anzeichen für einen Aufschwung, aber er könnte durch die Entwicklung in den Vereinigten Staaten gefährdet werden“, sagte Michael Hüther, Chefvolkswirt der Deka Bank, dem Tagesspiegel. Entscheidend sei nach den Börsenturbulenzen die psychologische Komponente bei Verbrauchern und Unternehmen. Die Wende zum Besseren dauere länger als erwartet, „eine Rezession steht aber nicht vor der Tür“, sagte Hüther. Die Hypo-Vereinsbank hatte am Mittwoch ihre Prognose für Deutschland 2002 auf 0,25 Prozent zurückgenommen.

Trotzdem wollte die Bundesregierung von ihren bisherigen Erwartungen nicht abrücken. Sie prognostiziert für 2002 eine Zunahme der Wirtschaftsleistung von 0,75 und für 2003 von etwa 2,5 Prozent.

Neue Konjunkturdaten aus den USA zeigen unterdessen, dass die Erholung in der weltgrößten Volkswirtschaft länger dauert als erwartet. Bereits am Mittwoch hatte das Handelsministerium mitgeteilt, dass die US-Wirtschaft im zweiten Quartal nur um 1,1 Prozent gewachsen war. Das zeigt sich auch auf dem Arbeitsmarkt. Dort nahm die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe Ende Juli um 20 000 zu. Insgesamt beziehen nun 387 000 US-Bürger Arbeitslosenhilfe. Das sind fast so viele wie die 391 000 ein Jahr zuvor. Im Sommer 2001 steckten die USA aber in einer tiefen, neun Monate dauernnden Rezession. Auch der an den Börsen stark beachtete Konjunkturindex der US-Einkaufsmanager fiel im Juli stärker, als von Analysten erwartet. Und die US-Bauausgaben sanken im Juni mit 2,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat unerwartet stark.

Die negativen US-Konjunkturdaten belasteten am Donnerstag auch die deutschen Aktienmärkte. Der Leitindex Dax schloss um 2,53 Prozent niedriger bei 3606,45 Punkten.

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