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IG Metall: Ein Kampf in der eigenen Klasse

Deutschlands größte Gewerkschaft, die IG Metall prüft den Ausschluss linker Mitglieder. Ihnen wird gewerkschaftsschädigendes Verhalten vorgeworfen.

Streit innerhalb von Deutschlands größter Gewerkschaft dringt selten nach draußen. Die IG Metall gilt trotz 2,3 Millionen Mitgliedern als ziemlich geschlossener Interessenverband. Doch seit den Betriebsratswahlen im Frühjahr wird heftig gestritten. Gegen mehrere Mitglieder laufen sogar Untersuchungsverfahren, sie könnten aus der IG Metall ausgeschlossen werden. Der Vorwurf: gewerkschaftsschädigendes Verhalten.

Allein bei Daimler in Berlin-Marienfelde sind 18 Mitglieder betroffen. Auch in Sindelfingen, dem größten Produktionswerk des Daimler-Konzerns, gibt es zwei gewerkschaftsinterne Untersuchungen gegen langjährige Aktivisten. In Berlin hatten zwei IG-Metall-Leute die Untersuchung gegen 18 Kollegen beantragt. Auslöser war deren Kandidatur auf einer eigenen Liste zu den Betriebsratswahlen im März: Die 18 traten unter dem Namen „Alternative“ an – und kandidierten so gegen die Liste der Gewerkschaft, die von der Marienfelder Betriebsratschefin Ute Hass geführt wird. „Wir prüfen, ob das der Gewerkschaft geschadet hat“, sagt Klaus Abel von der Berliner IG Metall.

Betriebsrätin Hass ist unter den 2700 Marienfelder Beschäftigten nicht unumstritten. Auch die IG Metall nicht. Die Gewerkschaft übernehme kampflos die Vorschläge des Konzerns, beklagen die oppositionellen Metaller: Etwa als Daimler 2009 beschloss, bei Löhnen zu sparen. Die IG Metall weist die Vorwürfe zurück: „Natürlich kämpfen wir“, sagt Abel.

Immerhin mehr als 520 Arbeitnehmer haben im März für die „Alternative“ gestimmt, rund jede vierte abgegebene Stimme. Der „Alternative“-Spitzenkandidat Mustafa Efe ist jetzt freigestellter Betriebsrat. Die Kandidaten der „Alternative“ gelten als besonders kämpferisch, Ableger gibt es auch in anderen Werken. Es sei nicht gelungen, alle Mitglieder voll in die Gewerkschaft zu integrieren, heißt es bei der Berliner IG Metall. Dabei habe man nichts gegen Kollegen, die sozialistischen Ideen nahestünden. Grundsätzlich sollten aber alle Strömungen auf einer Betriebsratsliste vertreten sein. „Sonst beschäftigen sich die IG Metaller in den Betrieben zu sehr mit sich selbst“, sagt Abel. Am Mittwoch berät die gewerkschaftsinterne Untersuchungskommission über die 18 Marienfelder Mitglieder. Die Kommission wird vermutlich erst nach dem Sommer eine Empfehlung aussprechen – Ausschluss, Rüge oder Beilegung des Streits. Letztlich entscheidet der IG-Metall-Vorstand um den ersten Vorsitzenden Berthold Huber in Frankfurt am Main.

Hunderte Mitglieder anderer Gewerkschaften wie Verdi haben sich mit den 18 Metallern solidarisiert. Auch der Berliner Politologe Bodo Zeuner, bis 2006 Professor an der Freien Universität Berlin, fordert die IG Metall zum Einlenken auf. Zeuner verweist in einem offenen Brief auf das BMW-Motorradwerk in Berlin- Spandau. „Regelmäßig treten dort zwei IG-Metall-Listen, eine eher sozialpartnerschaftliche und eine eher konfliktbereite Liste, gegeneinander an.“ Und das funktioniert offenbar.

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