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Wirtschaft: IG Metall fordert 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland Arbeitgeber befürchten

weitere Arbeitsplatzverluste

Berlin (Tsp). Die IG Metall hat, wie erwartet, die Tarifregelungen zur Arbeitszeit für die ostdeutsche Stahlindustrie sowie für die Metall und Elektroindustrie im Ostteil Berlins, in Brandenburg und Sachsen gekündigt und die Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Einführung der 35-Stunden-Woche aufgefordert. Bei einem Scheitern der Verhandlungen drohte die Gewerkschaft mit Warnstreiks. Erste Aktionen könnten am 1. Mai beginnen, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, Hasso Düvel, am Montag in Leipzig. „Das Thema muss jetzt angepackt werden“, sagte er. Die ostdeutschen Beschäftigten seien es leid, bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden für das gleiche Geld pro Jahr einen ganzen Monat länger zu arbeiten als die westdeutschen Kollegen.

Laut Düvel hilft die 35-Stunden-Woche die „unerträgliche Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen“. Zudem sei die stufenweise Angleichung der Arbeitszeit an das westdeutsche Niveau „das richtige Signal an Tausende abwanderungswillige gut ausgebildete Menschen“. In der Metall- Elektro- und Stahlbranche in den neuen Ländern habe seit 1990 ein Rationalisierungsschub den nächsten gejagt. Im Ergebnis seien Unternehmen entstanden, deren Produktivität schneller wachse als in den westdeutschen Mutterkonzernen. „Aus dieser zusätzlichen Produktivität, die in unseren Industriebranchen 2001 gegenüber dem Westen knapp vier Prozent ausmachte, können Mehrkosten von Arbeitszeitverkürzungen locker bezahlt werden“, sagte Düvel.

Die Arbeitgeber kritisierten die Kündigung der Verträge. Die Gewerkschaften zeigten damit einen Mangel an Weitsicht, sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser. Die individuelle Wochenarbeitszeit von 38 Stunden im Osten und 35 Stunden im Westen sei der einzige noch verbliebene Tarifunterschied von Belang. „Das ist ein Kostenunterschied von 8,6 Prozent. Eine solche Größenordnung können weder die Arbeitnehmer als Lohneinbuße hinnehmen noch die Betriebe als Kostenschub verkraften“, betonte der Gesamtmetall-Präsident. Nach wie vor befinde sich die gesamte Region in einer kritischen und gefährdeten Lage. Die Bandbreite betrieblicher Leistungsfähigkeit sei im Osten doppelt so groß wie im Westen. Wer in diesem Zusammenhang von „Gerechtigkeit“ rede, müsse wissen, dass man sich gerade im Osten in der Arbeitszeit-Frage hart an der Grenze zur größten Ungerechtigkeit bewege, nämlich zu weiteren Arbeitsplatzverlusten.

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