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Wirtschaft: IG Metall will Zusagen von Siemens

Gewerkschaft droht, sonst Tarifzugeständnisse für Handy-Werke zu kippen

München - Die IG Metall will nach dem Verkauf der Siemens-Mobilfunksparte an den taiwanesischen Elektronikkonzern BenQ neue Vereinbarungen zur Sicherung der Standorte Bocholt und Kamp-Lintfort durchsetzen. Die Gewerkschaft droht Siemens nun damit, anderenfalls aus dem Ergänzungstarifvertrag auszusteigen. Außerdem sagte NRW-Bezirksleiter Detlev Wetzel dem Tagesspiegel, dass eigentlich nach den Vereinbarungen schon der Verkauf der Sparte nicht erlaubt gewesen wäre. Der Betriebsrat fürchtet dagegen, dass ein Ausstieg aus dem Tarifvertrag kontraproduktiv für die Beschäftigten sein könnte.

Der Ergänzungstarifvertrag war im Juni 2004 nach langen Verhandlungen vereinbart worden. Siemens hatte damit deutschlandweit eine Debatte über die Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich ausgelöst. Der Vertrag legte fest, die Wochenarbeitszeit für die rund 4000 Beschäftigten in Bocholt und Kamp-Lintfort von 35 auf 40 Stunden bei gleichem Lohn auszuweiten und zusätzliche Ansprüche wie Weihnachts- und Urlaubsgeld zu streichen. Siemens hatte sonst mit einer Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Ungarn gedroht.

„Die Handlungsparameter haben sich verändert, so dass es in dem Vertrag erheblichen juristischen Anpassungsbedarf gibt“, sagte der Bocholter Bevollmächtigte der IG Metall, Heinz Cholewa, dem Tagesspiegel am Dienstag. „Die Mitarbeiter haben Verzicht geübt für eine Perspektive bei Siemens und nicht für so eine Hängepartie.“ Nach der Übernahme der HandySparte durch BenQ fürchtet die IG Metall, dass es für die Beschäftigten in der deutschen Produktion langfristig kaum Perspektiven gibt. Denn BenQ-Chef Kuen-Yao Lee hatte gesagt, dass der Anteil der Siemens-Handy-Produktion in Deutschland von 40 auf 20 Prozent sinken soll. BenQ hat sich verpflichtet, den Ergänzungstarifvertrag einzuhalten, darüber hinaus aber bisher keine Zugeständnisse gemacht.

Die Gewerkschaft fordert konkretere Vereinbarungen für die Standorte und stützt sich dabei auf ein Gutachten einer auf Arbeitsrecht spezialisierten Düsseldorfer Anwaltskanzlei. Wegen der Veränderungen auf Grund des geplanten Verkaufs an BenQ könne der IG Metall nicht zugemutet werden, am Ergänzungstarifvertrag festzuhalten, heißt es darin. Die betriebliche Tarifkommission der IG Metall wollte am Dienstagabend über das Gutachten beraten und einen Forderungskatalog ausarbeiten, mit dem der Siemens-Zentralvorstand bei einem Treffen in der kommenden Woche konfrontiert werden soll.

Siemens reagierte mit Unverständnis auf die IG-Metall-Forderungen. Man könne die Diskussion nicht nachvollziehen, sagte ein Konzernsprecher. Siemens gehe davon aus, dass der Ergänzungstarifvertrag nicht angetastet werde. Der Siemens-Betriebsrat fürchtet zwar, dass es unter der Führung von BenQ zu Einschnitten in der deutschen Handy-Produktion kommen könnte. Falls die IG Metall den Ergänzungstarifvertrag kündige, könne das jedoch kontraproduktiv sein, hieß es in Betriebsratskreisen. Wenn BenQ die Mitarbeiter nach dem alten Tarifvertrag entlohnen müsste, sei es „sehr fraglich, ob der Konzern das Geschäft mit Siemens noch attraktiv findet und sich nicht abwendet“. Diese Variante sei für die Beschäftigten die schlechteste. Ein Betriebsrat sagte, er habe die Hoffnung, dass BenQ künftig auch andere Geräte, wie zum Beispiel Flachbildschirme, in Deutschland produziere. Durch zusätzliche Aufgaben könnte „ein Arbeitsplatzabbau im großen Stil vermieden werden“.

Nicole Huss

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