zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Im Handel ist Feilschen noch nicht alltäglich

Basar-Stimmung ist im deutschen Einzelhandel nicht aufgekommen, seit Rabattgesetz und Zugabeverordnung im Juli gefallen sind. Das große Feilschen blieb aus: "Es gab am Anfang einige Kunden, die penetrant waren", berichtet Hermann Franzen, Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), über Erfahrungen aus seinem Porzellan-Geschäft an der Düsseldorfer Königsallee.

Basar-Stimmung ist im deutschen Einzelhandel nicht aufgekommen, seit Rabattgesetz und Zugabeverordnung im Juli gefallen sind. Das große Feilschen blieb aus: "Es gab am Anfang einige Kunden, die penetrant waren", berichtet Hermann Franzen, Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), über Erfahrungen aus seinem Porzellan-Geschäft an der Düsseldorfer Königsallee.

Franzen bleibt jedoch stur. Er hält sich wie Wolfgang Kraus, Vorstand der Kaufhof Warenhaus AG, und Peter Gerard, Vorstand der Karstadt Quelle AG, an Festpreise: "Der Preiswettbewerb ist so hart, dass es keine Riesenrabatte geben kann", sagen Franzen, Gerard und Kraus unisono. Die Haltung des Handels deckt sich mit der des Verbrauchers. Nach einer Burda-Umfrage hat nur knapp jeder Dritte Deutsche Spaß am Feilschen, 60 Prozent bevorzugen Festpreise.

Klaus R. Behrenbeck, Partner der Unternehmensberatung McKinsey, hält das für typisch: Anders als die Amerikaner seien Deutsche nicht an ständige Rabatt-Aktionen gewöhnt. "Man ist zunächst skeptisch und befürchtet, dass Rabatte vorher aufgeschlagen wurden", sagt der Berater. Dennoch: "Will sich ein Unternehmen im Markt halten, muss es mehr über seinen Kunden wissen und mit ihm kommunizieren", ist Kaufhof-Vorstand Kraus überzeugt.

Die Beziehung zum Verbraucher stellt der Handel über Kundenkarten ( siehe Lexikon ) her. Sie liefern Informationen über Familienstand, Kaufverhalten und Lebensstil. Vor allem das Ende der Zugabeverordnung, die Zusatzgeschenke beim Einkauf verbot, gibt den Firmen die Chance, mehr Interesse an den Karten zu wecken: mit Gutscheinen, Geschenken oder Service. Doch in punkto Kunden-Karten seien die Deutschen Schlusslicht in Westeuropa, berichtet Karstadt-Quelle-Vorstand Gerard. Auf die 68,9 Millionen Personen zwischen 15 und 70 Jahren entfielen im Vorjahr nur 41,4 Millionen Karten. Im Schnitt macht das 0,6 Karten pro Person. Briten und Franzosen sind deutlich weiter.

Inzwischen ist aber auch in Deutschland Dynamik zu spüren. Laut Behrenbeck ist die Zahl der Kundenkarten 2001 um 32 Prozent gewachsen. Kaufhof-Vorstand Kraus prognostiziert, dass Deutschlands größtes Kartensystem Payback, dem 15 Unternehmen - auch der Metro-Konzern und seine Tochterfirma Kaufhof - angehören, 2002 mehr als 20 Millionen Kunden haben wird.

Kundenkarten-Inhaber sind für die Warenhäuser fast eine Bank. Denn aus ihnen werden schnell Stammkunden, die, so britische Erfahrungen, drei Mal so viel Geld ausgeben wie Gelegenheitskäufer. Bei Kaufhof und Karstadt liegt der Stammkundenanteil bei 27 Prozent, obwohl sie bei 95 Prozent der Deutschen bekannt sind.

Auf das Karten-Engagement der Konzerne muss der Mittelstand reagieren, sagt Franzen: "Er muss mit seinen Stärken antworten - Service am Kunden gegen Massendienstleistung der Großen." Deshalb hat sich Franzen mit drei Düsseldorfer Einzelhändlern im Premium-Segment zusammengetan. Schwerpunkt ihrer Karte: ein VIP-Service.

Jedoch muss der deutsche Handel noch lernen, die Karten optimal zu nutzen: "Wir wissen von 30 Kundenkarten-Programmen weltweit, die sich nicht durch Rabatte oder kurzfristige Aktionen rechnen", sagt Behrenbeck. "Sie sind erst erfolgreich, wenn das Unternehmen das Angebot auf seine Kunden einstellt." Bisher seien aber erst 23,5 Prozent der Verbraucher mit den Programmen zufrieden. "Die Kunden stört, dass ihre Bedürfnisse nicht richtig erkannt werden", sagt Behrenbeck. Wie es laufen kann, zeigen Versender, die die Kunden-Daten auswerten, um Spezialangebote richtig zu platzieren. Laut Gerard haben Quelle und Neckermann eine Trefferquote von 40 Prozent.

rv, HB

Zur Startseite