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Wirtschaft: IM INTERVIEW: Koalition muß hart bleiben

BDI-Chef Henkel fordert niedrigere SpitzensteuersätzeEin Wachstum von vielleicht drei Prozent und mehr hat der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl, am Dienstag für 1998 in Aussicht gestellt - für den Fall, daß die Bundesregierung die Steuerreform wie geplant verabschiedet.Wie aber steht es um die Steuerreform?

BDI-Chef Henkel fordert niedrigere Spitzensteuersätze

Ein Wachstum von vielleicht drei Prozent und mehr hat der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl, am Dienstag für 1998 in Aussicht gestellt - für den Fall, daß die Bundesregierung die Steuerreform wie geplant verabschiedet.Wie aber steht es um die Steuerreform? Wie soll, aber besser: wie kann sich die Bundesregierung jetzt noch verhalten? Was ist aus Sicht der Industrie notwendig? Mit dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sprach Martina Ohm. TAGESSPIEGEL: Herr Henkel, der Schäuble-Vorschlag im Rahmen der Steuerreformgespräche ist wieder vom Tisch.Fällt Ihnen noch etwas ein, was sie der Koalition jetzt empfehlen würden, damit die Reform doch noch zustandekommt oder ist der Zug abgefahren? HENKEL: Regierung und Opposition wollen offenbar nur das Resultat der Bürgerschaftswahlen in Hamburg abwarten.Schon das allein zeigt, wie verkorkst die Situation ist.Und es ist ja nicht das erste Mal, daß man Dinge auf die lange Bank schiebt.Immerhin sind bei uns im Schnitt ungefähr alle Vierteljahre Wahlen.Das macht den Reformstau immer größer.Wenn ich raten soll, dann nur das: Die Koalition muß hart bleiben und an den Plänen Theo Waigels festhalten.Im Zeitrahmen kann sie sich flexibel verhalten, aber die Rückführung der Spitzensteuersätze muß kommen. TAGESSPIEGEL: Was ist eigentlich so schlimm an dem Versuch, die Steuerentlastung zunächst durch eine andere Gewichtung der Steuerlast zu erreichen? HENKEL: Wir haben immer gesagt, daß wir das Konzept Waigels mittragen, das im ersten Schritt ja noch keine Entlastung der Wirtschaft mit sich bringt.Mittelfristig muß eine Nettoentlastung der Unternehmen erfolgen. TAGESSPIEGEL: Was spricht denn gegen eine Gegenfinanzierung durch eine höhere Mehrwert- und Mineralölsteuer? HENKEL: Gegen eine Mineralölsteuer spricht einiges: Erstens hätten wir Deutsche nach einer Steuererhöhung um 15 Pfennig nur noch einen Nachbarstaat, in dem Benzin noch teurer ist.Schon heute gibt es einen wahren Tanktourismus.Es wäre also geradezu kontraproduktiv.Außerdem wurde die Mineralölsteuer seit 1985 bereits siebenmal erhöht.Dabei muß man wissen: Zusammen mit der Kraftfahrzeugsteuer bezahlen die deutschen Steuerzahler jährlich 80 Mrd.DM für den Straßenverkehr.Bund, Länder und Gemeinden wenden aber lediglich 35 Mrd.DM für den Straßenbau auf.Im übrigen würde eine höhere Mineralölsteuer die wieder in Gang gekommene Automobilkonjunktur stark beeinträchtigen.Sie wäre also konjunkturpolitisch schädlich. Dasselbe gilt für die Mehrwertsteuer.Wir hoffen doch alle, daß die spürbare Konjunkturbelebung auch bald dem Einzelhandel zugute kommt.Höhere Mehrwertsteuern können wir derzeit nicht gebrauchen.Und außerdem darf man nicht vergessen, daß in Deutschland die Schwarzarbeit boomt.Ein Maler zum Beispiel muß fünf Stunden arbeiten, um sich eine Klempnerstunde leisten zu können.Das kann nicht so weitergehen. TAGESSPIEGEL: Gesetzt den Fall, das Thema bleibt uns im Wahlkampf erhalten.Wofür sollen sich die Leute entscheiden? Auf welche Argumente sollen sie hören? HENKEL: Die deutsche Wirtschaft leidet unter einem kontinuierlichen Kapitalabzug.Entscheidend muß bleiben, daß Deutschland für in- und ausländische Investoren wieder attraktiver wird.Das hat dann auch positive Folgen für die Arbeitsmarktsituation.Und eins ist klar: Die Beschäftigung muß Vorfahrt haben.

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