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Wirtschaft: Im Osten stehen die Züge

GDL war die erste Gewerkschaft nach der Wende

Berlin – Die Bahn gab sich zufrieden am Donnerstagmittag: Die Gewerkschaft der Lokführer GDL habe ihre Streikziele mal wieder nicht erreicht, meinte Bahn-Vorstand Karl-Friedrich Rausch. Insgesamt hatte er 1700 streikende Lokführer gezählt und damit „deutlich weniger als am vergangenen Freitag“. Rauschs Fazit des neunstündigen Streiks von zwei Uhr morgens bis um elf: 60 Prozent der Züge seien gefahren, im Westen sogar die ganz überwiegende Mehrzahl. So habe es im verkehrsreichsten Bundesland, NRW, nur einen Ausfall von 30 Prozent gegeben. Dagegen fielen im Osten bis zu 80 Prozent der Züge aus.

Der Güter- und Personenfernverkehr war nach Angaben der Bahn nicht betroffen. Die GDL dagegen meinte, durch die Streiks im Nahverkehr sei auch der Fernverkehr behindert worden. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Chemnitz darf die GDL bis auf Weiteres nur den Nah- und Regionalverkehr bestreiken. Eine endgültige Entscheidung in dieser Frage steht aber noch aus, einen Termin dafür gibt es nach Angaben von Bahnvorstand Rausch noch nicht.

Während des Ausstands der Lokführer fuhren die S-Bahnen in Berlin und Hamburg zumeist in einem 20-Minuten-Takt, berichtete Rausch. Dagegen waren die Bahnen in NRW, München und Frankfurt am Main nur im Stundenrhythmus unterwegs. Von 200 Ersatzbussen setzte die Bahn den größten Teil im Osten ein.

Die Diskrepanz in der Streikbereitschaft und damit den Streikauswirkungen zwischen Ost und West erklärt die GDL vor allem mit dem Einsatz von Beamten im Westen. Doch die GDL, die 34 000 Mitglieder zählt, ist im Osten auch besser organisiert als im Westen. Das hängt damit zusammen, dass die GDL 1990 als erste freie Gewerkschaft in der DDR gegründet wurde. Ein Jahr später schloss sie sich mit ihrer Westschwester zusammen. Wie durchsetzungsfähig die GDL tatsächlich ist, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Mehr als ein Drittel der Mitglieder sind Pensionäre, die also für einen Einsatz im Arbeitskampf schon mal nicht in Frage kommen.

Die GDL, eine eher konservative Organisation mit dem früheren CDU-Abgeordneten Manfred Schell an der Spitze, war vor fünf Jahren aus der Tarifgemeinschaft Bahn ausgestiegen, die sie bis dahin mit der ebenfalls zum Beamtenbund gehörenden GDBA und der dem DGB angehörenden Transnet, der größten der drei Organisationen, gebildet hatte. alf

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