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Wirtschaft: Immer erreichbar

Katja Hagenbucher ist Berlins jüngste Hoteldirektorin.

Sie hört gerne „The Killers“ und die „Kings of Leons“, US-amerikanische Bands aus der großen weiten Welt des Rock. Doch die 30-Jährige wirkt dabei ganz bodenständig. Sie kommt aus der Nähe von Stuttgart, das verrät ihr Zungenschlag. Mit ihrem Freund hat sie sich jetzt ein Haus mit Garten gekauft, möchte in ein paar Jahren Kinder haben. Sie wünscht sich das Leben vieler junger Frauen. Von ihnen unterscheidet sie aber bereits heute eines: Katja Hagenbucher hat vor zweieinhalb Jahren als jüngste Hoteldirektorin der Hauptstadt das Art’otel Berlin City Center West an der Lietzenburger Straße 85 in Charlottenburg übernommen.

Als 17-Jährige wollte sie gern reisen, neue Menschen und Kulturen kennenlernen und begann eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Dorint Hotel Mainz. Als weitere Stationen folgten das Dorint Fontana Stuttgart und das Millennium Gloucester Hotel in London. Im Park Plaza Victoria London leitete sie Teams mit bis zu 70 Mitarbeitern. Als man ihr die Stelle im Art’otel anbot, das zur gleichen Kette gehört, sagte sie sofort zu. „Ich war schon immer ehrgeizig. Mich hat gereizt, für ein ganzes Haus verantwortlich zu sein. Nur an der Rezeption zu stehen, reicht mir nicht.“ Das Hotel mit fast 300 Originalen und Kunstdrucken des Popart-Künstlers Andy Warhol nennt sie „ein superschönes Haus. Noch dazu lässt sich der Name gut vermarkten“.

Während die Servicemitarbeiter an ihren T-Shirts zu erkennen sind, trägt Katja Hagenbucher einen dunklen Hosenanzug und eine weiße Bluse. Mit ihrer offenen, freundlichen Art kommt die junge Frau gut an. Ihren Tag beginnt sie kurz nach acht mit einem Rundgang: Sie achtet darauf, dass in der Sauna keine Handtücher herumliegen, der Zimmerservice auf den Etagen keine Rollwagen vergessen hat, und das Frühstücksbüfett gut aussieht. Dann folgt die allmorgendliche Besprechung mit Mitarbeitern aus allen Abteilungen. Was liegt an: Reisen VIPs an, müssen Veranstaltungen vorbereitet werden, oder gab es in der Nacht besondere Vorkommnisse?

Um 9 Uhr geht sie in ihr kleines Büro mit Blick auf den Hof und fährt den Computer hoch. Während es sich die Gäste im Foyer auf Sofas und Sesseln bequem machen können, wirkt Hagenbuchers Arbeitsraum, dessen Tür immer offen steht, recht spartanisch: „In London hatte ich noch nicht einmal ein Fenster.“ An der Wand hängt statt Popart ein Foto der Tochter ihrer besten Freundin, ein kleiner Warhol ziert lediglich ihre Visitenkarte. Katja Hagenbucher schreibt E-Mails oder telefoniert mit anderen Hotelchefs des Gesamtunternehmens. Manchmal ist sie geschäftlich unterwegs, wie in der vergangenen Woche: So konnte sie ihre Freunde in London mal wieder treffen. Meistens hat sie bis 18 Uhr zu tun, manchmal bis Mitternacht. Die Wochenenden sind frei – eigentlich. Bei Problemen ist die Chefin rund um die Uhr per Handy erreichbar und muss entscheiden, ob ein unzufriedener Gast ein neues Zimmer oder als Entschuldigung ein Frühstück kostenfrei bekommt.

Darüber, dass sie schon mit 28 Jahren in eine solch verantwortungsvolle Position kam, denkt sie nicht weiter nach: „Ich mache einfach meinen Job, und das, glaube ich, ganz gut.“ Einen Glücksfall nennt sie ihr junges Team aus 25 Mitarbeitern: „Wäre jemand schon jahrelang dabei gewesen, wäre das vielleicht schwieriger geworden. Aber so war es für alle relativ neu.“ Das Hotel bildet neun Hotelfachfrauen und -männer aus, für die Küche werden noch zwei Azubis gesucht. Im März 2002 wurde das Art’otel mit 91 Zimmern und Suiten eröffnet, vor drei Monaten kam ein Anbau mit 61 Zimmern, zwei Konferenzräumen, Fitness- und Wellnessbereich dazu. Die neue „Factory-Bar“ – benannt nach dem Atelier von Andy Warhol – wird am 30. März eröffnet und soll mit Livebands und DJs auch das Berliner Publikum anziehen.

Bei allem Stress nimmt Katja Hagenbucher sich Zeit für die Gäste. „Süß“ fand sie ein Paar aus England, das im Warhol- Museum Pittsburgh geheiratet hat und seinen Hochzeitstag nun im Art’otel feierte. Aber nicht nur Fans checken dort ein, andere schätzen einfach die gute Lage des Vier-Sterne-Hauses in der Nähe vom Kurfürstendamm. Bei Zimmerpreisen ab 79 Euro kommt das Publikum aus der Mittelklasse, Geschäftsreisende und Touristen, auch Familien sind darunter: „Wir sind kein Schickimicki-Hotel“, betont Katja Hagenbucher. Auch ihre Eltern haben schon oft dort übernachtet.

Mit ihrem Job ist sie zufrieden, auch wenn kaum Zeit bleibt, mal Pause zu machen. Ihr Traum, mit 35 Jahren Hoteldirektorin zu sein, ist früher als erwartet in Erfüllung gegangen. Nun kann sie sich vorstellen, ein größeres Haus in London oder New York City zu leiten. Oder irgendwann – vielleicht in 20 Jahren – als Regionaldirektorin für mehrere Hotels verantwortlich zu sein. Susanna Hoke

Mehr zu Berufen in der Tourismusbranchen in unserem heutigen Reiseteil.

Susanna Hoke

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