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Immobilien: 1,4 Millionen Quadratmeter Bürofläche stehen leer

Bericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte meldet erneut fallende Immobilienpreise in Berlin/Makler informierten sich im Tagesspiegel

Auf dem Berliner Grundstücksmarkt sind die Preise im vergangenen Jahr erneut gefallen. Und auch für 2003 wird sich dieser Trend laut Marktexperten fortsetzen. Baugrundstücke für Wohn- und Geschäftshäuser zum Beispiel seien heute und mindestens in den kommenden vier Jahren so gut wie unverkäuflich. Dies geht aus aktuellen Berichten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte sowie des Maklerhauses Aengevelt hervor.

Trotz der Krise klagen die Makler jedoch nicht, sondern bündeln ihre Kräfte. Zur ersten gemeinsamen Veranstaltung von Ring Deutscher Makler Berlin und Verband Deutscher Makler Berlin waren die Immobilien-Vermittler einer Einladung des Tagesspiegels gefolgt. Im Verlagshaus diskutierten sie die bislang unveröffentlichten Zahlen zum Berliner Grundstücksmarkt. Diese hatte der Chef des Berliner Gutachterausschusses Dietrich Ribbert vorgestellt.

Sowohl der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Makler, Dirk Wohltorf als auch der Vorsitzende vom Ring Deutscher Makler, Wolfgang Gruhn, ließen noch am Abend weitere Einladungen zu eigenen Veranstaltungen an die Mitglieder des jeweils anderen Interessenverbundes folgen. Die neu entdeckte Gemeinsamkeit steht vor dem Hintergrund der zum 1.Januar 2004 geplanten Verschmelzung der Bundesgremien von VDM und RDM. Ziel ist es nach Angaben von VDM-Bundessprecher Jürgen Michael Schick, eine „schlanke und schlagkräftige gemeinsame Interessenvertretung“ aufzubauen. Diese soll in der Bundespolitik mitmischen, wenn politische Weichenstellungen auf dem Bau- und Immobilienmarkt bevorstehen. Die Bündelung der Kräfte sei angesichts der fortwährenden Verschlechterung politischer Rahmenbedingungen für den Grundstückshandel wichtig.

Politik treibt Märkte in die Krise

Zumal die bundesweite Konjunkturdelle den Markt, insbesondere in Berlin, stark dämpft. Laut Gutachter-Chef Ribbert hat die Wirtschaft der früheren Enklave immer noch nicht den Abbau der Berlin-Hilfen verkraftet. Dies, sowie der Reformstau bei Bund und Land, hätten Insolvenzen und hohe Arbeitslosigkeit nach sich gezogen. Und auch jene Berliner, die noch Arbeit haben, schreckten angesichts ungewisser Zukunftsaussichten vor Investitionen in Immobilien zurück.

Deshalb, so Ribbert, „sinken seit einigen Jahren die Preise für Immobilien um jährlich zwischen fünf und 15 Prozent.“ Diese Zahlen beruhen nicht auf Schätzungen: Dem Gutachterausschuss liegen alle notariell besiegelten Immobilien-Geschäfte vor und aus diesen Urkunden leitet das Gremium Durchschnittspreise ab. Im Jahr 2002 registrierte Ribbert 18274 Kaufverträge mit einem Wert von insgesamt 6,8 Milliarden Euro. Damit sei der Umsatz im Vergleich zu 2001 um 2,5 Prozent gesunken. „Die Käufer halten sich zurück“, so der Gutachter, „und die Angebote übersteigen bei Weitem die Nachfrage.“

Dieser deutlich von den Käufern geprägte Markt habe zu einem Rückgang der Preise von Bauland für Eigenheime um zehn Prozent im Westen sowie fünf Prozent im Osten geführt. Nahezu unverkäuflich sei Grund und Boden für den Bau von Miethäusern. Hier sei „frühesten in vier bis fünf Jahren“ mit einer Wiederbelebung des Marktes zu rechnen. Auch Industrieflächen seien fast unverkäuflich. Die Preise für Büroflächen seien um fünf bis zehn Prozent gesunken. Die Spitzenmieten würden 25 Euro je Quadratmeter und Monat nicht überschreiten.

Zu den wenigen Ausnahmen von der Regel zählten Grundstücke in Spitzenlagen. Zum Beispiel Friedrichstraße Ecke Unter den Linden, Potsdamer Platz oder auch die südliche Seite des Tauentzien. Dort, „wo es fast keine Grundstücke gibt“, hätten die Käufer der letzten verfügbaren Flächen Spitzenpreise bezahlt.

Eine ähnliche Bilanz über den Berliner Grundstücksmarkt hatte Mitte der Woche das Maklerhaus Aengevelt bei der Vorlage eines aktuellen Berichts gezogen. Das erstaunlichste Ergebnis war dabei vielleicht: Trotz Rezession blieb der Geldumsatz bei Grundstücksgeschäften in der Hauptstadt im Jahr 2002 stabil. Die Makler von Aengevelt ermittelten, dass 6,55 Milliarden Euro zwischen Käufern und Verkäufern im vergangenen Jahr umgesetzt wurden, gegenüber 6,33 Milliarden 2001. Grund zu Jubel sei das jedoch nicht. Gemessen an den Umsätzen in den vergangenen acht Jahren liege diese Zahl auf niedrigem Niveau: In den Rekordjahren 1996 und 1998 hätten Investoren jeweils über zehn Milliarden Euro in Berlin angelegt.

Besonders schlecht laufe das Geschäft mit Ein- und Zweifamilienhäusern. Bauträger und Privatleute hätten bei Verkäufen ein Viertel weniger (681 Millionen Euro) als im Jahr 2001 umgesetzt. Ein leichter Rückgang (2,1 Prozent) hätten auch Verkäufer von Eigentumswohnungen und anderem Teileigentum hinnehmen müssen.

Zwei Ausnahmen von der Regel auf dem schwachen Markt gebe es. So hätten Verkäufer von Mietzinshäusern insgesamt 2,01 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspreche einem Zuwachs von 15,6 Prozent im Vergleich zu 2001. Gefragt seien außerdem unbebaute Liegenschaften. Hier seien notarielle Verträge über Kaufsummen von zusammen 880 Millionen Euro zustande gekommen, ein Plus von 10,5 Prozent im Vorjahresvergleich.

Die leichten Zuwächse auf den zwei genannten Teilmärkten täuschten jedoch nicht über die insgesamt dramatische Lage hinweg: „Banken verlangen mehr als 30 Prozent Eigenkapital von Bauträgern und Entwicklern“, sagt Wulff Aengevelt, „und darüber hinaus müssen über 50 Prozent des Objektes vor Kreditzusage vermietet sein“. Sonst erhielten Bauträger kein Geld. Damit würgten die Banken das Geschäft im krisengeschüttelten Berlin ab.

Die Angst der Banker

Die Furcht der Banker vor dem Risiko schlägt sich in den Statistiken der Makler auch nieder. Bauträger und Entwickler, die auf Kredit Immobilien errichten, um sie später vermietet an Investoren weiter zu verkaufen, sind fast schon eine Seltenheit in der Hauptstadt: Nur noch mit zwölf Prozent hätten diese zum Umsatz bei fertig gestellten Gewerbeimmobilien beigetragen – zwei Drittel weniger als im Jahr 2001. Private Investoren spielen schon länger fast keine Rolle mehr bei der Neubautätigkeit in Berlin (fünf Prozent). Unter ferner liefen sind auch die Aktivitäten der Immobilien-Aktiengesellschaften. Während des Börsenbooms wurden sie noch als Hoffnungsträger gehandelt. Nun schrumpfte deren Beitrag zum Umsatz von Gewerbeimmobilien dramatisch zusammen: von 15 auf fünf Prozent.

Dass diese schweren Einbußen den Markt für gewerbliche Immobilien nicht noch tiefer in die Krise drückten, könnte auf einen „Sondereffekt“ zurückzuführen sein. Die Offenen Immobilienfonds, große Sammelstellen für privates Kapital, haben drei Mal so viel in der Hauptstadt umgesetzt wie im Jahr zuvor. Ob dies allerdings ein gutes Vorzeichen ist, sei dahingestellt: Zur Philosophie Offener Immobilienfonds zählt es, Objekte viele Jahre im Eigentum zu halten. Die große Zahl ihrer Verkäufe – der Wert beläuft sich auf rund 445 Millionen Euro – könnte auf einen Teilausstieg der Fonds aus dem so schwierigen Berliner Markt hindeuten. „Die Investoren, die in Berlin Immobilien suchen,“ bilanziert Aengevelt, „finden kaum geeignete Objekte.“

Geeignete Immobilien, das sind Büro- oder Geschäftshäuser mit guten Grundrissen, geringen Nebenkosten und zahlungsstarken Mietern, die langjährige Verträge abgeschlossen haben. Davon gibt es zu wenig in der Hauptstadt: „Die Tragik ist, dass der Stadt die wirtschaftliche Basis fehlt“, sagt Aengevelt-Investmentexperte Jürgen Kühle. Die größte Zahl der Mieter rekrutiert sich nach Angaben der Makler aus ohnehin in Berlin ansässigen Firmen: Sobald deren Mietverträge, die sie Anfang der neunziger Jahre für teures Geld und für einen langen Zeitraum abgeschlossen hatten, ausgelaufen sind, würden sie umziehen. Ihre neue Adresse liege dann in gerade erst fertig gestellten Bürohäusern, und dafür bezahlten sie weniger Miete als zuvor. Durch den Umzug hinterließen die Nutzer leere, zehn Jahre junge Immobilien. Die modernen Bauten fänden wegen des großen Angebots nur schwer neue Nutzer.

Deshalb stünden immer mehr Büros leer. Rechne man alle angebotenen Flächen zusammen, so belaufe sich der Leerstand auf 1,4 Millionen Quadratmeter. Das sei ein Prozentpunkt mehr als 2001. Und dieses stetig steigende Angebot drücke weiter auf die Mietpreise: Im Schnitt müsse ein Mieter für den Quadratmeter Bürofläche laut Aengevelt 12,80 Euro monatlich bezahlen. Das seien fast zwei Euro weniger als ein Jahr zuvor (14,60).

Und die Lage spitze sich weiter zu. Nach Auffassung der Makler wächst die Zahl der neu errichteten Bürohäuser weiter: In diesem Jahr rechnet Aengevelt mit 273000 Quadratmetern neuer Bürofläche, knapp zehntausend mehr als 2002. Und im Jahr 2004 sei sogar mit der Fertigstellung von neuen Projekten mit einer Fläche von zusammen 427000 Quadratmetern zu rechnen. Darunter so prominente Neubauvorhaben wie das Beisheim-Zentrum am Potsdamer Platz und die Häuser am Leipziger Platz.

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