zum Hauptinhalt
Durch das gläserne Kuppeldach flutet Licht in die ehemalige Säulenschalterhalle, die sich über zwei Geschosse erstreckt. 

©  Büro Dr. Vogel GmbH

ABDA-Haus: Goldkammerflimmern im Mendelssohn-Palais

Das Bieterverfahren für das einstige Stammhaus der Bankiersfamilie in der Jägerstraße ist beendet – Apotheker verkaufen ihre Geschäftsstelle.

Ein Haus mit einer großen Geschichte, gelegen in direkter Nähe zum Gendarmenmarkt, hat einen neuen Eigentümer. Am 23. Dezember endete für eines der wenigen verbliebenen und originalgetreu wiederhergestellten historischen Gebäude im Herzen Berlins die Bieterfrist: Für das Mendelssohn-Palais ist die Nachkriegszeit damit zu Ende.

In den Jahren 1891 bis 1893 errichtet, hat das geschichtsträchtige ehemalige Bankhaus der Familie Mendelssohn in der Jägerstraße 49/50 bis heute seinen historischen Charakter bewahrt. Nach über 13 Jahren der Nutzung als Verbandssitz beauftragte die ABDA – Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände e.V. das Immobilienberatungsbüro Dr. Vogel GmbH (Berlin) mit der Veräußerung der Immobilie in einem eigens hierfür entwickelten Bieterverfahren.

Das Mendelssohn-Palais soll 19 Millionen Euro wert sein

Ursprünglich wollte der in den vergangenen Jahren enorm gewachsene Apothekerverband das Palais aufstocken, nahm dann aber davon Abstand, weil nicht alle Mitarbeiter darin hätten untergebracht werden können. So entschied man sich für den Auszug. Mitte 2015 wurde beschlossen, die Geschäftsstelle langfristig in einem neu zu errichtenden Bau in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofes unterzubringen.

Bis zu dessen Fertigstellung wurden die Mitarbeiter inzwischen in einem angemieteten Bürokomplex in Berlin-Mitte untergebracht. Keine Angaben machte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf der Mitgliederversammlung Mitte 2014 zum Verkaufswert des derzeitigen Apothekerhauses. „In der Jägerstraße ist in den letzten Jahren kein Gebäude verkauft worden“, sagte Schmidt. Laut Bodenrichtwert besitze das 1500 Quadratmeter große Grundstück einen Wert von 5,6 Millionen Euro.

In den ABDA-Büchern steht das Apothekerhaus nach Angaben des Verbandes mit einem Wert von 19 Millionen Euro. An wen das Mendelssohn-Palais nun verkauft wird, wurde noch nicht bekannt gegeben. Vor dem Verkauf mussten noch die in einem Gutachten festgestellten Brandschutzmaßnahmen weitgehend auf ABDA-Rechnung realisiert werden.

Das Gebäude war 1999 bis 2001 umfangreich saniert worden

Mit einer Grundfläche von 1408 Quadratmetern und einer Nettonutzfläche von rund 3800 Quadratmetern, die sich über drei Vollgeschosse erstreckt, bietet das Mendelssohn-Palais eine Vielzahl an künftigen Nutzungsmöglichkeiten. Die lichtdurchflutete Schalterhalle, die alten Tresorräume sowie ein mit offen liegenden Stahlbändern ausgekleidetes Goldzimmer und die ehemaligen Direktionsräume des ehemaligen Bankhauses prägen den repräsentativen Charakter des Gebäudes.

Neben den zahlreichen, in einem außergewöhnlichen Originalzustand erhaltenen, historischen Räumlichkeiten verfügt das Palais gleichzeitig auch über eine größere Anzahl moderner Büros in den oberen Etagen. Das Gebäude war 1999 bis 2001 unter denkmalpflegerischen Aspekten umfangreich saniert und modernisiert worden. Aktuell lassen sich dort 27 Euro pro Quadratmeter Warmmiete für Büroflächen erzielen. Zunächst diente das Palais als Sitz der Mendelssohn Bank. Nach Entwürfen des Architekturbüros Schmieden & Speer entstand das Palais als repräsentativer neoklassizistischer Neubau hinter einer zweigeschossigen Sandsteinfassade.

Zu DDR-Zeiten nutzte die Deutsche Handelsbank AG das Gebäude für die Valutaabwicklung. Das Haus war der letzte Hauptsitz des Bankhauses Mendelssohn & Co.

Die Jägerstraße in Berlins Bankenviertel war auch die erste Adresse des Bankhauses: Zwischen 1873 und 1893 kaufte und baute die Familie Mendelssohn hier insgesamt fünf Häuser. Es gab zu dieser Zeit keine edlere Adresse in Berlin.

Zu Nazi-Zeiten wurde das Haus an das Reichsfinanzministerium verkauft

Joseph Mendelssohn, Gründer der Bank, scharrte im Palais Köpfe wie Alexander von Humboldt um sich. Man hielt literarische und musikalische Salons ab und sammelte Kunst. Ende des 19. Jahrhunderts verkam die Jägerstraße: unhygienische Zustände, Verwahrlosung – die Adresse war nicht mehr standesgemäß. Man ließ sich im Grunewald nieder.

Zu Zeiten des Nationalsozialismus wurden die Häuser 49/50/51 in der Jägerstraße für exakt 2,2 Millionen Reichsmark vom Liquidator der Mendelssohn-Bank, Ferdinand Kremer, an das Reichsfinanzministerium verkauft – ergaben Recherchen von Tagesspiegel-Autor Thomas Lackmann.

Am 30. August 2002 begann schließlich vor dem Berliner Verwaltungsgericht ein Prozess um 17 Prozent der Mendelssohn-Bank und ihrer Immobilien Jägerstraße 49/50/51. Auf der Anklagebank saß das Amt für die Regelung offener Vermögensfragen. Die Erben Marie Buschs, der Schwester Paul von Mendelssohn-Bartholdy, hatten – vertreten durch deren Enkel, den Historiker Julius H. Schoeps – bereits 1994 die Restitution beantragt und waren abgewiesen worden. Und so wurde auch 2002 entschieden, Revision wurde nicht zugelassen: Es gab für diese Erbengemeinschaft keine Zahlung als Wiedergutmachung als nationalsozialistische Arisierungsopfer.

Ein anderer Zweig der Familie Mendelssohn hatte 1996 Anträge auf Restitution aufgrund einer gütlichen Einigung mit der Deutschen Handelsbank AG zurückgenommen – gegen die Zahlung von 11,5 Millionen D-Mark.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false